"Wir werden die Ukraine auch weiterhin unterstützen, den Frieden zu verteidigen". Außenministerin Hadja Lahbib war am Freitag eine von vielen westlichen Politikerinnen und Politikern, die noch einmal ihre Solidarität mit der Ukraine zum Ausdruck gebracht haben, wie etwa auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen: "Wir werden der Ukraine so lange zur Seite stehen, wie es nötig ist; es lebe die Ukraine, es lebe Europa".
Dass das mehr als nur warme Worte sind, das hat insbesondere die EU in den letzten zwölf Monaten immer wieder unter Beweis gestellt. Das inzwischen zehnte Sanktionspaket wird derzeit geschnürt. "Und die Strafmaßnahmen zeigen Wirkung", ist Ursula von der Leyen überzeugt. "Unsere Sanktionen lassen das Fundament der russischen Wirtschaft erodieren", sagte die Kommissionsvorsitzende. Was alle Perspektiven zunichtemache, die russische Ökonomie zu modernisieren. "Und wir werden den Druck aufrechterhalten", verspricht von der Leyen. Das gelte auch für diejenigen, die Russland auf dem Schlachtfeld unterstützen.
Dieser letzte Halbsatz mag auch eine unterschwellige Warnung an Peking sein. Gerade erst hat ja der Besuch eines hochrangigen chinesischen Diplomaten bei Präsident Putin für Irritationen gesorgt. Im Interview mit der flämischen Fernsehanstalt VRT sprach auch Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg eine deutliche Warnung aus: "Sollte China sich dazu entschließen, Russland mit militärischem Material oder Waffen zu unterstützen, dann wäre das aus Sicht der Nato absolut inakzeptabel".
China hat sich derweil am Freitag auch als Vermittler versucht. Peking legte seinen mit Spannung erwarteten Friedensplan vor, der offiziell als "Positionspapier" bezeichnet wird. Darin wird unter anderem ein Waffenstillstand und eine baldige Wiederaufnahme von Verhandlungen gefordert.
Bei EU und Nato reagiert man aber sehr zurückhaltend, um nicht zu sagen ernüchtert auf das Zwölf-Punkte-Dokument. So werde etwa nicht ausdrücklich der Rückzug der russischen Truppen aus der Ukraine gefordert. Zwar würden einerseits bestimmte Grundsätze der UN-Charta betont; nur sei das Papier an anderen Stellen dann wieder zu selektiv und deswegen nicht mit der gesamten UN-Charta vereinbar, sagte eine Sprecherin der EU-Kommission in Brüssel. Außerdem werde nicht klar benannt, wer in diesem illegalen, ungerechtfertigten Angriffskrieg der Aggressor ist, und wer das Opfer. Mit anderen Worten: Daumen runter für das chinesische Positionspapier.
Bei der Nato sieht man das ähnlich. "China verfügt in dieser Sache ohnehin über nicht sehr viel Glaubwürdigkeit", sagte Generalsekretär Stoltenberg. Schlicht und einfach, weil Peking den völkerrechtswidrigen Krieg nicht eindeutig verurteilt habe, was man doch von einem Mitglied des UN-Sicherheitsrates erwarten dürfe.
Im Grunde könne dieser Krieg heute beendet werden, hieß es gleichermaßen bei Nato und EU: Russland müsse einfach nur die Kampfhandlungen einstellen und sich hinter die international anerkannten Grenzen zurückziehen. So formulierte es am Freitag auch nochmal die Sprecherin der EU-Kommission.
Da das natürlich wenig realistisch ist, wollen EU und Nato also weiter die Ukraine in ihrem Verteidigungskampf gegen die russische Aggression unterstützen. Und die Zeichen stehen auf Sturm. Zum Jahrestag des Beginns der Invasion rechnen Beobachter mit einer neuen russischen Offensive. Polen hat nach eigenen Angaben die ersten vier Kampfpanzer vom Typ Leopard 2 an die Ukraine geliefert. Auch Schweden hat am Freitag angekündigt, der Ukraine bis zu zehn Leopard-2-Panzer zur Verfügung stellen zu wollen.
Roger Pint