Einen Tag nach den schweren Erdbeben an der türkisch-syrischen Grenze ist die Zahl der Toten auf über 6.200 gestiegen. In der Türkei kamen bei der Katastrophe nach neuen Angaben mehr als 4.500 Menschen ums Leben. In Syrien starben mehr als 1.700 Menschen.
Nach derzeitigen Informationen wurden in der Südtürkei und in Nordsyrien mehr als 30.000 Menschen verletzt. Noch immer werden viele Menschen vermisst.
In den betroffenen Gebieten wird weiter nach Überlebenden der Katastrophe gesucht. Aus Angst vor weiteren Gebäudeeinstürzen verbrachten viele Menschen die Nacht im Freien. Nachbeben und das schlechte Wetter mit niedrigen Temperaturen, Regen und teils Schnee behindern die Bergungsarbeiten und Hilfslieferungen.
Hilfe im Norden Syriens gestaltet sich extrem schwierig
In Syrien erschweren darüber hinaus der Bürgerkrieg und die weitgehende politische Isolation des Landes die Rettungseinsätze im dortigen Erdbebengebiet. Die Hilfsorganisation Syrisch-Arabischer Roter Halbmond rief den Westen dazu auf, die Sanktionen gegen das Assad-Regime aufzuheben. Das Land brauche jetzt dringend Hilfe. Für Rettungseinsätze würden beispielsweise Baumaschinen benötigt. In Syrien stehen betroffene Gebiete teils unter Kontrolle der Regierung, teils unter Kontrolle der Rebellen, teils unter kurdischer Verwaltung.
Die deutsche Außenministerin Baerbock hat die Öffnung aller Grenzübergänge im syrisch-türkischen Grenzgebiet gefordert. Dies sei nötig, damit die humanitäre Hilfe dort ankomme, wo sie gebraucht werde. Baerbock rief alle internationalen Akteure dazu auf, ihren Einfluss auf das syrische Regime zu nutzen, damit dies geschehen könne.
Unterdessen wird das Ausmaß der Erdbebenkatastrophe immer deutlicher. Unzählige Einwohner auf beiden Seiten der Grenze sind obdachlos. Laut türkischen Angaben sind im Land 13,5 Millionen Menschen direkt von den Folgen der Beben betroffen. Zusammen mit Syrien sind es nach Einschätzung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) bis zu 23 Millionen Betroffene.
Erdogan ruft den Notstand aus
Der türkische Präsident Erdogan hat für die vom Erdbeben betroffenen Regionen im Süden und Südosten des Landes den Notstand ausgerufen. Zugleich erklärte er die Region zum Katastrophengebiet. Dadurch sollen schnelle Hilfseinsätze ermöglicht werden.
Die Regierung plant außerdem, obdachlos gewordene Menschen vorübergehend in Hotels in der westlich gelegenen Tourismusmetropole Antalya unterzubringen.
Nato setzt Flaggen auf halbmast
In Gedenken an die Opfer des Erdbebens sind am Nato-Hauptquartier in Brüssel alle Flaggen auf halbmast gesetzt worden. Die Türkei hatte ihre Nato-Partner bereits am Montag um Unterstützung bei den Rettungs- und Bergungsarbeiten gebeten. Gebraucht werden medizinische Nothilfeteams sowie Such- und Rettungsteams, die auch unter schweren Bedingungen arbeiten können. Außerdem hat die Türkei um drei für extreme Wetterbedingungen geeignete Feldkrankenhäuser und Personal für deren Einrichtung gebeten.
Aus zahlreichen Ländern kamen inzwischen Hilfsangebote, erste internationale Rettungsteams sind bereits in den betroffenen Regionen oder auf dem Weg dorthin. Einige Gebiete in der Türkei und in Syrien konnten bislang noch gar nicht von außen erreicht werden.
Keine Angaben über mögliche belgische Opfer
Das belgische Außenministerium hat noch keine Angaben über mögliche belgische Opfer bei dem Erdbeben. 200 Belgier, die sich in den betroffenen Regionen befinden, sind beim Außenministerium registriert. Mit den meisten von ihnen sei bereits Kontakt aufgenommen worden, sie seien wohlauf.
Das Krisenzentrum wird am Dienstag die Lage neu besprechen. Belgier, die sich in der Türkei aufhalten, können sich bei der Botschaft in Ankara registrieren. Diejenigen, die sich in Syrien befinden, können die Botschaft im libanesischen Beirut kontaktieren.
Erdbebenkatastrophe: Belgien will so schnell wie möglich Hilfe schicken
belga/dpa/dlf/orf/cd/mh