Die Netzwerke von Nachrichten- und Presseagenturen - großen Medienunternehmen, die anderen Medienunternehmen Informationen journalistisch aufbereitet verkaufen - sind meist sehr groß. Das ermöglicht den Agenturen, sehr umfassend über Ereignisse überall in einem Land oder gar in der Welt zu berichten.
Medien wie der BRF, das GrenzEcho, die RTBF und VRT sind Kunden bei gleich mehreren Nachrichtenagenturen. Beispiel BRF: Für umfassende Informationen über das Geschehen in Belgien greift der BRF auf die Dienste der belgischen Nachrichtenagentur Belga zurück. Für Nachrichten und Berichte über das internationale Geschehen benutzt der BRF oft die deutsche Presseagentur DPA.
DPA und Belga standen auch beim Eröffnungsabend des Europäischen Newsrooms in Brüssel im Zentrum des Interesses. Belga zum einen, weil die Feier in ihrem Großraumbüro stattfand und dort auch ein Standort des neuen Projekts ist. Die DPA, weil sie das neue Projekt koordiniert. Warum, erklärt DPA-Geschäftsführer Peter Kropsch mit einer guten Erfahrung. "Wir hatten eine Vorerfahrung. Wir haben einen Newsroom mehrerer Nachrichtenagenturen in Sydney, in Australien, gehabt. Dort hat es einfach gut funktioniert, weil wir gesehen haben, dass die Journalisten sich gerne untereinander austauschen. Jeder arbeitet für seinen Newswire, aber man kann die verschiedenen Perspektiven sehr gut einbinden. Das macht Journalismus reicher, besser und vielfältiger."
Reicher, besser und vielfältiger
Das Gleiche soll jetzt auch in Europa passieren mit der Berichterstattung über die EU. Sie soll also reicher, besser und vielfältiger werden. 2021 hatte die EU-Kommission die Förderung eines solchen Projekts beschlossen. 1,76 Millionen Euro für zwei Jahre versprach die EU-Kommission. Projekte konnten sich bewerben. Das DPA-Projekt setzte sich durch.
Unter dem Namen ENR arbeiten schon seit Januar 16 Nachrichtenagenturen zusammen. Zwölf kommen aus EU-Ländern: aus Deutschland, Belgien, Frankreich, Italien, Österreich, Rumänien, Bulgarien, Kroatien, Slowenien und Slowakei jeweils eine Agentur, aus Spanien sogar zwei. Daneben sind auch Nachrichtenagenturen aus den Nicht-EU-Ländern Albanien, Bosnien-Herzegowina, Nord-Mazedonien und Serbien mit dabei. Die polnische Nachrichtenagentur PAP ist assoziiert, die ukrainische Nachrichtenagentur ist als Solidaritäts-Partner in die Arbeit eingebunden.
Strukturen für die Arbeit schaffen
Im Januar mussten allerdings erst die Strukturen für die Arbeit geschaffen werden. "Wir haben das erste halbe Jahr genutzt, die Räumlichkeiten aufzubauen. Hier in Brüssel gibt es zwei Standorte. Einer ist hier bei der Belga. Das ist ein tolles, schönes, traditionelles Agenturgebäude. Der zweite Standort ist ein Co-Working-Space beim Residence-Palace gegenüber der EU-Kommission" erklärt Kropsch. Gerade die Einrichtung dieses zweiten Standorts habe sehr viel Zeit in Anspruch genommen - aber jetzt gehe es los, versichert Kropsch. Ab sofort können die Journalisten der Agenturen zu einem der Standorte kommen, um sich untereinander auszutauschen, zu helfen, die Qualität ihrer Arbeit zu verbessern. Einige dieser Texte werden auch auf der Internetseite des Projekts landen.
Wie sonst der normale Medienkonsument von dem Europäischen Newsroom profitieren wird, erklärt DPA-Mann Kropsch: "Der belgische Medienkonsument wird direkt nicht allzu viel mitbekommen. Außer, er geht auf die ENR-Seite. Aber indirekt wird es eine große Bereicherung geben, weil natürlich auch die Belga als Mitglied in diesem Verbund die Informationen der anderen Agenturen nutzen kann. Damit ist die indirekte Wirkung eine sehr große."
Kay Wagner