"Wir werden den Brexit bis zum 31. Januar vollenden, kein Wenn, kein Aber und kein Vielleicht", versprach Johnson am Freitag vor jubelnden Anhängern in London. Ein zweites Brexit-Referendum sei vom Tisch. In einer Ansprache vor dem Regierungssitz Downing Street in London sprach sich der 55 Jahre alte Premier für eine "dauerhafte Pause vom Reden über den Brexit" aus. Das habe das Land nach dem fünfwöchigen Wahlkampf verdient.
Möglicherweise wird Johnson schon am Montag sein Kabinett umbilden. Am Dienstag soll das neu gewählte Parlament dann zu seiner konstituierenden Sitzung zusammentreten. Nach Auszählung aller Wahlkreise kommt die Konservative Partei auf 365 der 650 Mandate - die Tories haben damit einen Vorsprung von 80 Sitzen vor allen übrigen Parteien. Labour verlor 59 Mandate und kam auf 203.
Zuvor hatte sich Johnson bei der 93 Jahre alten Königin Elizabeth II. im Buckingham-Palast den Auftrag zur Regierungsbildung abgeholt. Die Monarchin wird das Regierungsprogramm Johnsons höchstwahrscheinlich am Donnerstag bei einer feierlichen Eröffnungszeremonie im Parlament vorstellen. Bereits am Tag darauf will Johnson das Gesetz für die Ratifizierung des Brexit-Abkommens wieder ins Parlament einbringen.
Die Europäische Union forderte in Brüssel eine zügige Ratifizierung und Umsetzung des Brexit-Abkommens. Darüber hinaus bekräftigten die Staats- und Regierungschefs den Wunsch nach einer möglichst engen Beziehung zu Großbritannien auch in Zukunft. Diese solle aber auf einem "Gleichgewicht aus Rechten und Pflichten gründen", heißt es im Gipfel-Beschluss. Gemeint ist damit: London soll sich nicht mit niedrigen Sozial-, Umwelt- oder Steuerstandards unfaire Wettbewerbsbedingungen verschaffen.
Labour-Chef Jeremy Corbyn will nach dem historisch schlechten Abschneiden seiner Partei keinen weiteren Wahlkampf anführen. Nach der Niederlage sei ein Reflexionsprozess notwendig, den er als Parteichef begleiten wolle. Als Zeitraum für einen Rücktritt nannte Corbyn die ersten Monate des nächsten Jahres. Labour hat im Unterhaus künftig so wenig Abgeordnete wie seit 1935 nicht mehr. Die britischen Sozialdemokraten verloren die vierte Parlamentswahl in Folge.
Die Chefin der proeuropäischen Liberaldemokraten, Jo Swinson, verlor in einer für ihre Partei enttäuschenden Wahlnacht ihr Mandat und trat zurück. Die Liberaldemokraten wollten die Wahl mit dem Versprechen gewinnen, den Brexit abzublasen. Swinson hatte ihren Sitz im schottischen Dunbartonshire East an die Kandidatin der SNP verloren.
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