"Trump zum Tee in Großbritannien", schreibt am Freitag die Zeitung De Morgen. Besagter Tee muss aber für den einen oder anderen nach Essig geschmeckt haben. Der US-Präsident feuerte nämlich quasi als Gastgeschenk erstmal eine Breitseite auf die britische Premierministerin Theresa May ab. Trump kritisierte in undiplomatisch scharfen Tönen die Brexit-Pläne seiner Gastgeberin. Zitiert wird er mit den Worten: "Der Deal, den sie vorschlägt, unterscheidet sich stark von dem, wofür das Volk gestimmt hat".
Das hatte Theresa May gerade noch gefehlt. Eben wegen ihres Strategiepapiers waren ja schon zwei Minister zurückgetreten. Die Einzelheiten sind erst am Donnerstag bekanntgeworden. Und, in der Tat: Der Premierministerin schwebt ein Deal vor, den man wohl als Soft-Brexit bezeichnen kann. Ein klarer Bruch mit der EU sähe jedenfalls anders aus.
Freihandelszone
"Theresa May hat ein Gleichgewicht gesucht, zwischen den Sorgen der Europäer und den Sorgen der Briten", sagte Alisson Rose, die britische Botschafterin in Belgien, am Freitagmorgen in der RTBF. Konkret: Man müsse dafür sorgen, dass die Warenströme auch nach dem Austritt Großbritanniens aus der EU nicht unterbrochen werden. Deswegen schwebe Theresa May denn auch eine Freihandelszone vor. Das würde beinhalten, dass Großbritannien alle EU-Produktstandards respektieren und auch die in der EU geltenden Umweltschutznormen.
Das dürfte genau der Grund sein, warum May für ihre Pläne so viel Kritik geerntet hat. Großbritannien müsste demnach also weiter die EU-Regeln einhalten, eben was Produktstandards oder Umweltauflagen angeht, allerdings hätte man überhaupt kein Mitspracherecht mehr. Der inzwischen zurückgetretene Außenminister Boris Johnson hatte schon gegiftet, dass Großbritannien damit zu einer Art "Kolonie" würde.
Aus Sicht der Europäer kann der May-Vorschlag demgegenüber wieder wie Rosinenpickerei aussehen. Dienstleistungen, aber vor allem die Personenfreizügigkeit sind nämlich von diesem Entwurf ausgenommen.
"Nein, wir wollen nicht die Butter und das Geld für die Butter", erwidert aber die britische Botschafterin. Hier handelt es sich um den Entwurf eines Freihandelsabkommens, wie die EU ja schon viele abgeschlossen hat. Und solche Freihandelsabkommen sind letztlich nichts anderes als ein Gleichgewicht zwischen den Interessen beider Seiten.
Radikaler Kurswechsel?
Ob das nicht doch ein radikaler Kurswechsel ist, wird die Botschafterin gefragt. Auch das scheint sie zu verneinen. "Wissen Sie, wir verlassen zwar die EU, aber nicht Europa." Für Belgier sei das bestimmt schwer zu verstehen. Für Belgier ist die EU ja eine Selbstverständlichkeit. Briten hingegen verstehen Europa so, dass man lediglich gewisse Werte und Interessen teilt.
Für Donald Trump jedenfalls ändert dieser Vorschlag offensichtlich die Ausgangslage. Wenn Großbritannien und die EU eine Art Freihandelsabkommen abschließen, dann brauche man kein gesondertes Abkommen mehr mit den Briten, sagte Trump sinngemäß, dann könne man ja gleich mit der EU verhandeln. Und damit zerbricht eigentlich auch der Traum vieler Brexit-Befürworter eines, wie es immer hieß, "Globalen Großbritanniens", das die Spielregeln selber festlegt.
Die Reaktion der Botschafterin fällt britisch unterkühlt aus: "Wissen Sie, für Großbritannien verhandelt nicht Donald Trump sondern Theresa May". Und noch etwas: "Rücktritte hin oder her, aber die derzeitige Regierung steht jedenfalls geschlossen hinter diesen Plänen. Das ist das größte Projekt für Großbritannien seit dem Zweiten Weltkrieg. Und wir hoffen, dass sich die EU jetzt verhandlungsbereit zeigt."
Roger Pint