Im Streit um den Giftanschlag auf den Ex-Agenten Sergej Skripal hat die russische Botschaft in London ein Treffen mit dem britischen Außenminister Boris Johnson beantragt. Botschafter Alexander Jakowenko warte seit Langem auf ein Gespräch mit Johnson und habe eine Note an das Ministerium geschickt, um über die Ermittlungen in dem Fall zu sprechen, teilte Moskaus Vertretung in Großbritannien der Agentur Tass zufolge am Samstag mit. "Wir hoffen auf eine konstruktive Antwort der Briten und erwarten, dass ein solches Treffen in Kürze organisiert wird", hieß es weiter.
Ein Sprecher des britischen Außenministeriums sagte dazu: "Wir haben eine Anfrage bekommen. Wir werden zu gegebener Zeit antworten." Die russische Botschaft kritisierte außerdem, dass London eine Verwandte der Skripals nicht nach Großbritannien einreisen lässt.
Russland fordert, in die Ermittlungen zum Attentat gegen den früheren russischen Doppelagenten und dessen Tochter Julia eingebunden zu werden. Die beiden waren nach britischen Angaben mit dem Kampfstoff Nowitschok in Südengland vergiftet worden. Das Nervengift wurde einst in der Sowjetunion produziert. London bezichtigt Moskau als Drahtzieher. Die Beschuldigungen lösten eine diplomatische Krise aus.
Opfern geht es deutlich besser - Ärger um Verwandte
Mehr als einen Monat nach dem Anschlag geht es den beiden Opfern nach Angaben der Ärzte deutlich besser. Möglicherweise können ihre Aussagen zur Aufklärung des mysteriösen Falls beitragen. Die Mediziner nannten noch keinen Zeitpunkt für die Entlassung aus der Klinik. Toxikologen halten Spätfolgen wie Organschäden für möglich.
Ärger gibt es um eine Verwandte der Opfer: London verweigerte der Cousine von Julia Skripal ein Besuchsvisum. Der Antrag von Viktoria Skripal sei abgelehnt worden, bestätigte das Innenministerium in London. Sie habe die Einreisebestimmungen nicht erfüllt. Einen konkreten Grund nannte das Ministerium auf Anfrage aber nicht.
Julia und Sergej Skripal würden weiterhin vor der Öffentlichkeit, den Medien und Diplomaten versteckt gehalten, reagierte prompt die russische Botschaft in London. "Die sture Weigerung (Londons), zu kooperieren, Transparenz zu liefern und zahlreiche Fragen zu beantworten, zeigt, dass Großbritannien etwas zu verbergen hat."
Die beiden Opfer haben keine Familienangehörigen in Großbritannien. Die Ehefrau des Ex-Spions starb an Krebs, der Sohn 2017 an plötzlichem Leberversagen auf einer Russland-Reise.
Die Cousine spielt eine undurchsichtige Rolle. Nach einem BBC-Bericht befürchtet die britische Regierung, dass Viktoria Skripal vom Kreml instrumentalisiert und als Pfand genutzt wird. Sie gab russischen und britischen Medien Interviews, in denen sie die Angaben Großbritanniens zum Anschlag anzweifelte. So behauptete sie, dass ihre Verwandten Opfer einer Fischvergiftung geworden sein könnten.
Das russische Staatsfernsehen veröffentlichte kürzlich einen angeblichen Mitschnitt eines Telefonats zwischen ihr und Julia Skripal. Die Authentizität des Mitschnitts ist aber nicht geklärt.
dpa/rkr/sr