Nach dem Nervengiftanschlag auf den russischen Ex-Agenten Sergej Skripal weitet sich der Streit zwischen Russland und westlichen Staaten zu einer globalen diplomatischen Krise aus. Die Regierung in Moskau hatte am Donnerstag die Ausweisung Dutzender westlicher Diplomaten verfügt. Allein aus den USA müssen 60 diplomatische Mitarbeiter binnen einer Woche Russland verlassen, das US-Generalkonsulat in St. Petersburg wird geschlossen.
Washington kritisierte die angekündigte Ausweisung. Russlands Vorgehen bedeute eine weitere Verschlechterung der Beziehungen zwischen den beiden Ländern, hieß es am Donnerstagabend (Ortszeit) aus dem Weißen Haus.
Auch Dutzende Diplomaten anderer Länder würden des Landes verwiesen, hatte Russlands Außenminister Sergej Lawrow den Agenturen Tass und Interfax zufolge weiter angekündigt. Angesichts wachsender Spannungen zwischen Russland und der westlichen Welt warnte UN-Generalsekretär António Guterres vor einer Art neuem Kalten Krieg.
Die Ausweisung der Diplomaten ist Moskaus Antwort auf die Entscheidung von rund 25 Staaten sowie der Nato, mehr als 140 russische Diplomaten des Landes zu verweisen. Anlass des Zwists sind die Vorwürfe nach dem Giftangriff Anfang März auf den russischen Ex-Doppelagenten Skripal (66) und dessen Tochter Yulia (33) in Südengland. Die beiden waren am 4. März in der Kleinstadt Salisbury bewusstlos auf einer Parkbank entdeckt worden.
Großbritannien macht Russland dafür verantwortlich, weil angeblich der zu Sowjetzeiten entwickelte chemische Kampfstoff Nowitschok eingesetzt wurde. Moskau weist die Anschuldigungen zurück.
Mehr Klarheit könnte möglicherweise eine Befragung der vergifteten Yulia Skripal bringen. Einem BBC-Bericht zufolge ist sie bereits wieder bei Bewusstsein und kann sprechen. Am Donnerstag hatte das Krankenhaus in Salisbury mitgeteilt, dass sich der Gesundheitszustand der 33-Jährigen verbessere. Der Zustand ihres Vaters hat sich demnach nicht verändert, er bleibe "kritisch aber stabil".
Russland bekräftigte unterdessen seine Forderung nach einem Zugang zu Yulia Skripal. Für den Mittwoch nach Ostern beantrage Moskau zudem eine Sondersitzung der Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW), sagte Lawrow.
dpa/est