EU-Parlamentspräsident Antonio Tajani wäre bei einem Wahlsieg der Konservativen am kommenden Sonntag in Italien bereit, den Posten des Ministerpräsidenten zu übernehmen. Der 64-jährige Italiener dankte auf Twitter Ex-Regierungschef Silvio Berlusconi für dessen "Geste der Hochachtung". Berlusconi hatte sich für Tajani als Regierungschef ausgesprochen, sollte sein Mitte-Rechts-Bündnis die Parlamentswahl gewinnen.
"Ich habe ihm heute Abend meine Bereitschaft erklärt, Italien zu dienen", schrieb Tajani am Donnerstag. In Umfragen liegt das Bündnis aus Berlusconis Forza Italia und anderen rechten Parteien vorne - trotz der skandalgeprägten Amtszeiten des mittlerweile 81-Jährigen als Ministerpräsident. Tajani gehört neben Berlusconi zu den fünf Gründern der Forza Italia. "Jetzt treffen unsere Mitbürger und der Staatspräsident alle weiteren Entscheidungen", schrieb Tajani auf Twitter.
Rund 51 Millionen Menschen sind in Italien aufgerufen, über ein neues Parlament abzustimmen. Die populistische Fünf-Sterne-Bewegung ist in Umfragen stärkste Einzelkraft, mit 28 Prozent aber weit von der Mehrheit entfernt. Die Sozialdemokraten mit ihrem Chef Matteo Renzi, die mit Paolo Gentiloni den Regierungschef stellen, müssen sich auf eine Schlappe gefasst machen.
Wegen des neuen italienischen Wahlrechts müssen Parteien oder Allianzen auf etwa 42 Prozent kommen, um regieren zu können. Da das laut Umfragen derzeit niemand schafft, wird mit einer schwierigen Regierungsbildung gerechnet - an deren Ende gar Neuwahlen stehen könnten.
Berlusconi selbst kann nicht Ministerpräsident werden. Nach einer Verurteilung wegen Steuerhinterziehung darf der 81-Jährige bis 2019 keine politischen Ämter bekleiden - dagegen klagt er vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Berlusconi musste 2011 zurücktreten. Weltweit für Aufsehen sorgten der "Bunga Bunga"-Sexskandal und die "Ruby"-Affäre, bei der es um den Vorwurf der Beihilfe zur Prostitution von Minderjährigen sowie Amtsmissbrauch ging. Obwohl der Mailänder Multimillionär nach einer Herz-OP gesundheitlich angeschlagen ist, hat er in seiner Partei noch nicht Platz für einen Erben gemacht.
dpa/jp/est