Sparen, Reformieren und neue Finanzquellen auftun - das sind die Kernpunkte, um die es beim künftigen mehrjährigen EU-Finanzrahmen geht. Sparen ist allein deshalb schon angesagt, weil 2020, wenn der Finanzrahmen greifen soll, Großbritannien als eins der großen Geldgeberländer nicht mehr zur EU gehören wird. So ist zumindest der Stand heute.
Deshalb müssten alle aktuellen Programme mit Einsparungen rechnen, sagte Günther Oettinger am Mittwoch. Das Sparen wird auch die großen Programme betreffen, also die Programme zur Unterstützung der Landwirtschaft und das Programm für die so genannte Kohäsionspolitik, die Angleichung der Lebensstandards in der EU.
Alle Kommissare würden das einsehen, sagte Oettinger. Einigkeit bestehe aber auch, dass es Ausnahmen geben müsse. Und zwei dieser Ausnahmen stünden jetzt eigentlich schon fest, weil sie allen Kommissaren wichtig sind. Hier könnte sogar noch mehr Geld zur Verfügung stehen, als heute. Die Programme sind: Erasmus plus für die junge europäische Generation, ihre Mobilität und ihre Chancen, Europa kennenzulernen und "Horizon post 2020", "Horizon Europe", das heißt die Forschungs- und Innovationsausgaben Europas im nächsten Jahrzehnt.
Kein Projekt ohne Mehrwert
Wo gespart werden soll und wie viel, soll durch einen Programm-Check festgestellt werden. Alle bestehenden Programme sollen daraufhin überprüft werden, welchen Mehrwert sie besitzen. "Wir haben die Verpflichtung heute besprochen, dass wir kein Programm fortführen, dass wir kein Projekt finanzieren, keine Investition, keine Ausgabe tätigen, ohne den Mehrwert nachzuvollziehen. Wir werden in den nächsten Wochen eine schlüssige Legal-Definition entwickeln, was Mehrwert bedeutet", sagt Oettinger.
Klar ist jedoch schon heute, dass der Mehrwert irgendwie europäisch sein muss. Alles, was auch auf nationaler Ebene in einem einzigen Mitgliedsland gelöst werden kann, soll dort auch gelöst werden, und aus der EU-Verantwortlichkeit herausfallen. Sparen und Reformieren sollen rund 50 Prozent der wegfallenden britischen Beiträge wettmachen. Die anderen 50 Prozent möchte Oettinger mit neuen Einnahmen kompensieren. "Dann brauchen wir nach dem Brexit eine sehr maßvolle, kleine Steigerung der Beiträge unserer verbleibenden 27 Mitgliedstaaten", so Oettinger.
Plastiksteuer?
Außerdem will Oettinger der EU Möglichkeiten eröffnen, selbst direkt Geld einzunehmen, das nicht als Beitrag der Mitgliedsländer in die Kassen der EU fließt. Eigene Steuern ist ein Gedanke dabei. Und weil das Problem Plastikmüll laut Oettinger ein großes und nicht auf ein Land beschränktes ist, " werden wir eine Plastiksteuer überlegen", so Oettinger.
All diese Gedanken sind noch nicht völlig ausgereift. Erst im Mai will Oettinger seine fertigen Pläne vorstellen. Bis dahin will er noch Meinungen sammeln, auch von den Bürgern. Die werden ab Mittwoch in mehreren öffentlichen Konsultationen befragt, was sie zu wichtigen Punkten des mehrjährigen Finanzrahmens halten.
Wo soll wie und wie viel Geld ausgegeben werden - das sind die Kernfragen. Themenfelder sind Investitionen, Forschung und Innovation, Binnenmarkt und kleine und mittlere Unternehmen, aber auch Infrastruktur, Migration, Sicherheit und Kohäsion. Auf den Internetseiten der EU-Kommission kann jeder Bürger noch bis zum 8. März an der Befragung teilnehmen, auch in deutscher Sprache.
Und wenn Oettinger dann im Mai seine Pläne für den mehrjährigen Finanzrahmen vorstellt, wird es danach wohl mindestens noch ein Jahr dauern, bis das alles von den EU-Institutionen endgültig verabschiedet wird.
Kay Wagner