Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan hat die EU ultimativ zur Fortsetzung der Beitrittsgespräche mit seinem Land aufgefordert. "Ihr habt keine andere Wahl, als jene Kapitel zu öffnen, die ihr noch nicht eröffnet habt", sagte Erdogan am Dienstag in Ankara. "Falls Ihr sie nicht öffnet: Auf Wiedersehen."
Erdogan forderte die EU auf, ihre "Versprechen" zu halten. "Danach setzen wir uns an den Tisch und reden. Anderenfalls haben wir nichts mehr mit Euch zu verhandeln." Die EU hatte im Dezember beschlossen, bis auf weiteres keine neuen Beitrittskapitel in den festgefahrenen Verhandlungen mit der Türkei zu eröffnen.
Erdogan hatte im Wahlkampf vor dem umstrittenen Verfassungsreferendum vom 16. April seine Kritik an der EU noch einmal verschärft. Nach seinem knappen Sieg bei dem Referendum brachte er neue Volksabstimmungen über die Wiedereinführung der Todesstrafe und einen Abbruch der EU-Beitrittsverhandlungen ins Spiel. Gut zwei Wochen nach seinem Sieg bei dem Verfassungsreferendum trat Erdogan am Dienstag in Ankara wieder der AKP bei.
Bei den Beitrittsverhandlungen der EU mit der Türkei sind von 35 sogenannten Verhandlungskapiteln derzeit 15 eröffnet. Erst eines - Wissenschaft und Forschung - wurde mit positivem Ergebnis vorläufig geschlossen. Zuletzt waren im Juni vergangenen Jahres Gespräche zu Finanz- und Haushaltsvorschriften (Kapitel 33) begonnen worden.
Ein neues Kapitel kann nur dann geöffnet oder abgehakt werden, wenn sich alle 28 Mitgliedstaaten damit einverstanden erklären. Eine Aufnahme der Türkei in die EU wäre erst dann möglich, wenn die Verhandlungen über alle Kapitel erfolgreich abgeschlossen würden.
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