In der Europäischen Union zeichnet sich ein Veto gegen die Fortsetzung der Beitrittsverhandlungen mit der Türkei ab. Österreichs Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) kündigte vor dem Außenministertreffen an diesem Montag in Brüssel an, er wolle die geplante Weiterführung der EU-Beitrittsgespräche blockieren. Er habe sich eng mit den Niederlanden und Bulgarien abgestimmt.
EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hält dagegen eine Blockade für falsch. "Es lohnt sich vor allem wegen der Menschen, mit dem Land im Gespräch zu bleiben", sagte Juncker der "Welt am Sonntag". Die Entscheidung im Außenministerrat muss einstimmig fallen.
"Wir sollten daran arbeiten, dass sich die Türkei wieder auf die Europäische Union zubewegt und sich nicht mit Riesenschritten noch weiter entfernt", sagte Juncker. Sollte die Türkei wieder auf einen Kurs in Richtung Europa zurückfinden und die notwendigen Reformen in Politik, Wirtschaft und Justiz durchführen, dann sei ein EU-Beitritt bis zum Jahr 2023 durchaus möglich, sagte Juncker. "Aber im Moment sieht es nicht so aus, im Gegenteil."
Anders als Juncker hatte das Europaparlament mit großer Mehrheit gefordert, die Beitrittsgespräche mit der Türkei ganz auf Eis zu legen. Die EU-Abgeordneten verlangten von der EU-Kommission und den Mitgliedstaaten, nicht weiter mit Ankara über offene Verhandlungskapitel zu sprechen und keine neuen zu eröffnen. Rechtlich bindend ist die Aufforderung nicht.
Österreichs Außenminister Kurz begründete im Gespräch mit der Nachrichtenagentur APA seine Blockade-Absicht: "Wir sind nicht bereit, dem derzeitigen Entwurf des Beschlusses zuzustimmen, denn aus meiner Sicht enthält der nicht die notwendige Reaktion auf die Entwicklungen in der Türkei", sagte der Minister. "Andersdenkende werden eingeschüchtert, Oppositionspolitiker eingesperrt, die Todesstrafe soll eingeführt werden. Es braucht hier eine klare Reaktion der Europäischen Union."
Dass ein Einfrieren der Verhandlungen den Flüchtlingsdeal zwischen der EU und Türkei gefährden könnte, darf Kurz zufolge keine Rolle spielen. "Wenn wir der Türkei aufgrund des Flüchtlingsdeals alles durchgehen lassen und bei den Entwicklungen dort wegsehen, begeben wir uns in eine gefährliche Form der Abhängigkeit."
dpa/km - Bild: Emmanuel Dunand/AFP