Radprofi Vincenzo Nibali hat zum zweiten Mal nach 2013 den Giro d'Italia gewonnen. Mit einem sagenhaften Endspurt auf den letzten beiden Alpen-Etappen hatte der Italiener das Rosa Trikot der 99. Ausgabe doch noch an sich gerissen. Nach 3463 Kilometern hatte der 31 Jahre alte Astana-Kapitän in der Endabrechnung 52 Sekunden Vorsprung vor dem Kolumbianer Esteban Chaves und Alejandro Valverde (Spanien/1:17). Eine ähnliche Aufholjagd beim Giro auf den letzten Metern hatte 1953 der große Fausto Coppi hingelegt.
Den Tagessieg in Turin feierte der Deutsche Nikias Arndt, nachdem Giacomo Nizzolo aus Italien von der Jury auf den letzten Platz strafversetzte. Zweiter der letzten Etappe wurde Matteo Trentin (Italien). Bester Belgier war Sean De Bie auf Platz fünf, bester Belgier in der Gesamtwertung ist Maxime Monfort auf Platz 15.
Die bemerkenwerten Newcomer Chaves und Steven Kruijswijk aus den Niederlanden mussten dem großen Favoriten Nibali auf den letzten Metern der dramatischen Traditionsfahrt doch noch den Sieg überlassen. Dem äußerst bemerkenswerten Nibali-Comeback war niemand gewachsen. Und niemand hatte es ihm nach seiner vorangegangenen Schwächephase zugetraut.
Die drittletzte Etappe am Freitag hatte er mit einem Rückstand von 4:43 Minuten zur Spitze in Angriff genommen. Am Samstag folgte die Punktlandung auf Platz eins. Der "Hai von Messina" gehört - gemessen an seiner Erfolgsbilanz - zu den ganz Großen des Metiers. Seit seinem Tour-de-France-Sieg 2014 fährt er im exklusiven Club jener Radprofis, die in ihrer Karriere alle drei großen Länder-Rundfahrten in Italien, Frankreich und Spanien gewonnen haben. Es sind neben ihm nur fünf.
Allerdings ist der zurückhaltend wirkende Nibali, der am Samstag im "Maglia Rosa" Tränen verdrückt hatte und vom "vielleicht schönsten Sieg" seiner Karriere sprach, in der Wahl seiner Mittel nicht immer fein. Im Vorjahr wurde er schon zu Beginn der Vuelta aus dem Rennen genommen, weil er sich berghoch an einem Auto festgehalten hatte. Vorher hatte sich der italienische Meister bei der Tour de France den Zorn des späteren Siegers Chris Froome zugezogen, als er gerade in dem Moment attackierte, als der Brite wegen eines technischen Defektes stoppen musste.
Nibalis sportliche "Auferstehung" bei diesem Giro begann, kurz nachdem der bis dahin führende Kruisjwijk durch einen bösen Sturz auf der Abfahrt vom Colle dell'Agnello zurückgefallen war. Mit gebrochenen Rippen konnte der bedauernswerte Niederländer nicht mehr dagegen halten. Nibali, am Sonntag im Regen auf einem rosafarbenen Dienstfahrzeug unterwegs, hat angeblich nie den Glauben an sich verloren.
"Ich wusste immer, ich kann zurückkommen, obwohl das Zeitfahren für mich sehr enttäuschend verlief. Ich bin sehr glücklich", sagte Nibali in der Olympiastadt, wo Chaves auf den Schlussrunden stürzte. Die Jury hatte die Zeit neutralisiert, so dass sich sein Rückstand zu Nibali nicht veränderte.
dpa/wb/km - Bild: Luk Benies/AFP