Ein Jahr ist es jetzt her. Bei der Rallye Deutschland 2014 holte sich Thierry Neuville seinen ersten Sieg in der Weltmeisterschaft. "Selbst wenn vieles vergessen ist und wir seitdem viele Rallyes und viele WP-Kilometer gefahren sind - wenn man sich dann vorbereitet, die alten Videos hervorholt um an den Pacenotes zu arbeiten, da wirds einem nochmal warm."
Kumpel Andreas Mikkelsen aus Norwegen, der Dritter wurde, war zur Ziellinie gesprintet und hatte mit Neuvilles Vater Alain auf den Sieger gewartet. "Das war ein sehr spezieller Moment, sehr emotional. Thierry und ich kennen uns gut, noch aus alten IRC-Zeiten. Seit 2010 fahren wir gegeneinander und sind enge Freunde geworden. Dass ich bei seinem ersten WM-Sieg dabei war, war fantastisch. Ein bisschen hat es sich so angefühlt, als hätte ich auch gewonnen."
Rückblende
Donnerstag, Shakedown. Thierry Neuville überschlägt sich einen Weinberg hinunter und muss bei der feierlichen Eröffnung am Abend zu Fuß übers Podium - die Hyundai-Mechaniker arbeiten stundenlang an dem i20, damit Neuville Freitagmorgen an den Start gehen kann.
Sonntag, letzte Etappe. Neuville liegt auf dem dritten Rang, rückt aber auf Platz zwei vor, weil Jari-Matti Latvala sich in die Weinberge verabschiedet. Die Führung geht an Kris Meeke, der wenig später ebenfalls durch einen Fehler ausscheidet. Neuville dagegen behält die Nerven und fährt seinen ersten WM-Sieg ein.
Video: Erster WM-Sieg: Thierry Neuville gewinnt die Rallye Deutschland
Dass ihm das erneut gelingt, glaubt Neuville allerdings nicht. "Unsere Chancen sind relativ klein. Trotz alledem werden wir versuchen, so nah wie möglich ans Podium ranzufahren. Aber es wird ein harter Kampf. Wir haben bei den letzten Rallyes gesehen, dass es schwierig war für uns, vorne mitmischen zu können. Gefühlt schwieriger als letztes Jahr und zu Beginn der Saison."
"Man hat gesehen, die anderen haben alle nachgelegt. Bei uns ist das etwas schwieriger, durch die ganzen Homologationen und Joker sind wir da etwas begrenzt. Und dann liegt der Fokus halt auf dem Fahrzeug für nächstes Jahr. Da ist es relativ schwierig, ohne großes Risiko vorne mitfahren zu können."
"Wir haben zwar einiges überarbeitet. Trotzdem wissen wir, dass es schwierig wird, vor allem mit den Volkswagen mithalten zu können. Hoffentlich sind wir nah an den Citroën dran. Und die Ford sollten wir hinter uns lassen können."
Neuville-Fernduell
Auch wenn er sich selber keine großen Chancen ausrechnet - Neuville glaubt, dass ein Sieg für seinen jüngeren Bruder Yannick im Opel Rallye Cup drin ist. Der Opel-Markenpokal fährt ebenfalls in Trier im Rahmen des WM-Laufs. "Einen WM-Lauf bestreiten zu können ist natürlich ein Highlight. Dass es in Trier ist, umso besser", sagt Yannick Neuville. Auch letztes Jahr war er dort am Start.
Der 24-Jährige hat sich mit Bruder Thierry auf die Rallye vorbereitet. "Wir haben uns Videos angeschaut und er hat mir Tipps gegeben, wo gefährliche Stellen sind, wo man am besten aufpasst. Wir haben versucht, meinen Schrieb zu verbessern. Kleinigkeiten, die hoffentlich zum Erfolg führen."
Yannick Neuville fährt seine zweite Saison im Opel Rallye Cup. Dieses Jahr gelang ihm der erste Sieg. Beim letzten Lauf in Eisenach fuhr er auf Platz zwei hinter dem Meisterschaftsführenden, Julius Tannert. Auf dem Treppchen will er auch dieses Mal landen. "Ein Top drei-Ergebnis müsste drin sein. Drunter bin ich nicht zufrieden - und drüber kann gerne kommen."
Mal sehen, welcher Bruder im Neuville-Fernduell am Ende weiter vorne liegt. Wer beide auf der Strecke sehen will, muss allerdings Geduld haben - insgesamt sind im WM-Feld 85 Fahrzeuge am Start (davon 17 World Rallye Cars), die 20 Autos des Opel Rallye Cups fahren dahinter.
Panzerplatte
Dazu eignen sich wohl am besten die berühmten Wertungsprüfungen "Panzerplatte" auf dem Militärgelände von Baumholder am Samstag - Arena Panzerplatte über knapp drei Kilometer und Panzerplatte Long über ganze 45 Kilometer. Auf der Panzerplatte ist von morgens bis abends Programm, wer den ganzen Tag dort bleibt, kann sich alle Autos ansehen.
Neu dieses Jahr: Die Sprint-Prüfung, die 2014 eingeführt wurde, wird gleich drei Mal gefahren. Zwei Mal im Vormittag, direkt hintereinander. Wenn Fahrer Nr. 1 im Ziel ist, geht er erneut auf die Strecke - 13 Minuten nach seinem ersten Start, zwischen Fahrer Nr. 7 und Fahrer Nr. 8. Ab diesem Zeitpunkt sind die Autos im Minutentakt auf die Strecke - später sogar im 30-Sekunden-Takt.
"Panzerplatte" ist der Name, der immer fällt, wenn man die Fahrer nach ihrer Lieblings-WP bei der Rallye Deutschland fragt. "Das Feeling, der Flair, die Gegend, das kann man nicht jeden Tag sehen. Und dann auch so eine lange WP, das ist schon toll", erklärt Yannick Neuville.
Auch für Andreas Mikkelsen ist das die beste WP der Rallye. "Ich war letztes Jahr dort sehr schnell - bis ich meine Reifen komplett zerstört habe. Aber mit dem neuen Reifen dieses Jahr sollte das einfacher sein. Diese WP liegt mir einfach. Auf die Panzerplatte freue ich mich sehr."
"Es gibt viele schöne WPs. Ich mag ganz besonders die Weinberge. Da ist die Action sehr groß, es geht sehr sehr schnell für den Beifahrer. Die Pacenotes anzusagen ist da sehr schwierig. Das größte Highlight ist aber immer die Panzerplatte", sagt auch Thierry Neuville.
"Wenn man am Start steht, weiß man, dass man über 40 Kilometer voll konzentriert sein muss. Die WP hat es wirklich in sich: viele Gripwechsel, zum größten Teil ist sie sehr wellig. Und vor allem muss man von Beginn an die Reifen managen und weiß nie ganz genau, ob das am Ende aufgeht oder nicht."
Shakedown
Los geht es am Donnerstag (09:30 Uhr) mit dem Aufwärmtraining, dem Shakedown in Konz. Da werden bei Thierry Neuville Erinnerungen wach. "Shakedown ist nicht so mein Ding", grinst Neuville. "Seit der Deutschland-Rallye letztes Jahr, und in Finnland hatte ich auch einen Ausritt. Ich denke, wir sollten es dieses Jahr etwas ruhiger angehen lassen. Besonders hier."
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Katrin Margraff - Foto: Willy Weyens/BELGA