Es war das angekündigte Finale: Angetrieben von den Teams Lotto Soudal und Etixx-Quick Step schluckte das Feld elf Kilometer vor dem Ziel die letzten der frühen Ausreißer. Und fast wäre sogar André Greipel der dritte Sieg mit Ansage gelungen. Aber dann behielt doch noch Mark Cavendish die Oberhand und sorgte stattdessen für den dritten Tagessieg des Teams Etixx-Quick Step - ein leichter Trost für das frühzeitige Ausscheiden des Teamkollegen Tony Martin.
Diskussionen gab es um das Gelbe Trikot: Froome teilte mit, dass er aus Respekt vor Tony Martin auf keinen Fall das Trikot tragen würde. Um weitere Diskussionen zu vermeiden, hat die Jury dann salomonisch entschieden, dass es keinen Fahrer in Gelb geben werde.
Gleich vom Start weg suchten fünf Fahrer ihr Heil in der Flucht: unter ihnen Daniel Teklehaimanot, der sich den einzigen Punkt für die noch rudimentäre Bergwertung sicherte. Der Erithreer hat nun zwei Punkte mehr auf dem Konto als der Sieger von Huy, Joaquim Rodriguez.
Was für eine erste Woche bei der 102. Tour de France: mit Exoten wie Teklehaimanot, der ein oder anderen Überraschung wie Auftaktsieger Rohan Dennis, mit Bestätigungen etwa für das Sprint-AS André Greipel oder Tour-Favorit Chris Froome. Es waren Tage voller Radsportbegeisterung in Holland und Belgien, aber auch mit schweren Stürzen und tragischen Geschichten. Vor allem die von Tony Martin - nach Fabian Cancellara der zweite Träger des Gelben Trikots, der verletzt aussteigen musste. Dabei hatte er, dem das Maillot Jaune an den ersten drei Tagen nur um Sekunden versagt blieb, das Glück auf der vierten Etappe von Seraing nach Cambrai erzwungen.
Zwei Tage später das Aus mit Schlüsselbein-Trümmerbuch. "Die Tour - immer so grausam", schrieb die Zeitung "L'Equipe" auf die Titelseite. Martin wird als dreifacher Zeitfahr-Weltmeister seinem Team Etixx-Quick Step am Sonntag beim Mannschaftszeitfahren fehlen.
Weiterhin bescheiden ist das Abschneiden der belgischen Fahrer: Greg Van Avermaet räumte ein, am Donnerstag in Le Havre seine große Chance auf einen Etappensieg verpasst zu haben – ihm blieb als Fünfter nur ein Ehrenplatz, wie so oft in dieser Saison, wenn man mal absieht von seinem Tagessieg beim Tirreno Adriatico und dem Triumph bei der Belgien-Rundfahrt in St. Vith. Am Freitag kam Van Avermaet als 25. ins Ziel, unmittelbar vor Jan Bakelants, übrigens letzter belgischer Etappensieger vor zwei Jahren.
Die achte Etappe führt von Rennes nach Mûr de Bretagne. Das wird anders geschrieben als das Gegenstück in Huy, aber der Schlussanstieg ist immerhin zwei Kilometer lang und im Schnitt 6,9 Prozent steil. Cadel Evans holte hier 2011 wichtige Sekunden für seinen späteren Toursieg heraus. Und auch diesmal dürften die Favoriten versuchen, hier Zeit gut zu machen. Zumal es auf dieser Etappe zum letzten Mal Zeitgutschriften für die ersten drei Fahrer im Ziel geben wird. Und am Samstag fährt dann auch das Gelbe Trikot wieder mit, auf den Schultern des Gesamtführenden Chris Froome.
Stephan Pesch - Bild: Yorick Jansens (belga)