Wir sehen so viele Tore bei einer WM wie seit der Weltmeisterschaft 1970 in Mexico nicht mehr. 63 Tore fielen in den bisherigen Spielen. Mauern war gestern. Offensivkunst ist nun die Devise. Auch in Rückstand geraten bedeutet bei dieser WM rein gar nichts. Costa Rica, die Schweiz, Belgien und die Elfenbeinküste schafften es, das Spiel nach einem Rückstand zu drehen.
Vorgemacht haben es die Niederländer, die den Weltmeister Spanien bereits nach dem 1. Spieltag beim 5:1 Sieg der Gruppenphase ins Wanken brachte. Endgültig zu Fall kam der Fußball-Dominator dann beim Spiel gegen Chile.
Das WM-Aus markiert aber nicht das Ende der spanischen Fußball-Dominanz. In zwei Jahren wird der Weg zum Europameistertitel auf jeden Fall nur über die Spanier gehen. Denn das Ende einer Ära spanischer Superstars ist nicht gleichbedeutend mit dem Ende der spanischen Nationalmannschaft. Ganz im Gegenteil. Eine neue starke Generation brennt darauf, wieder an die glorreichen Zeiten anzuknüpfen.
Was auffällt, ist, dass die Südamerikaner nach dieser ersten Woche eine tragende Rolle bei dieser WM spielen. Mexiko, Kolumbien, Brasilien, Uruguay und Chile gehören sicher zu den Titelkandidaten. Vom Status eines WM-Favoriten sind die Roten Teufel hingegen noch weit entfernt. Da haben die Italiener, die Niederländer und die Deutschen bislang aus europäischer Sicht einen stärkeren Eindruck hinterlassen. Aber gut, diese Mannschaften sind ohnehin bei jedem Turnier in der Favoritenrolle.
Hazard, Lukaku und Kompany haben seit der Qualifikation für dieses Turnier fast schon Heldenstatus. Dass dieser bei einer WM nichts bringt und der Druck ein ganz anderer ist, hat die eher schwache Leistung in der ersten Halbzeit gegen die Algerier gezeigt. Der zweite Durchgang und die guten Einwechslungen von Marc Wilmots machen Lust auf mehr. Vielleicht schon am Sonntag gegen die Russen.
Die Rolle des Geheimfavoriten, die die Belgier inne haben, kann auch eine Last sein. Wir haben in der Vergangenheit schon viele Geheimfavoriten ausscheiden sehen. Das wünschen wir den Roten Teufeln natürlich nicht. Die Fußball-Fans des Landes wünschen sich endlich wieder andere Geschichten erzählen zu können, als die von dem 2002 im Achtelfinale nicht gegebenen Wilmots-Tor gegen den späteren Weltmeister Brasilien oder dem vierten Platz bei der WM in Mexiko.
Es kann die perfekte WM auch für die Roten Teufel werden. Kompany und Co haben das Zeug dazu, die Geschichte der WM entscheidend mitzugestalten. In jedem Fall haben sie etwas geschafft, was sonst gerne ein wenig in den Hintergrund gerückt wird. 4 Millionen Zuschauer träumen bei dieser WM von einem belgischen Erfolg und nicht von einem flämischen, wallonischen, Brüsseler oder gar deutschsprachigen Erfolg.
Bild: brf