Der vorletzte Lauf der Rallye-WM 2013 ist ein echtes Unikat – und eine Rallye der Gegensätze. Spanien ist die einzige Rallye des Jahres, die sowohl auf Asphalt als auch auf Schotter ausgetragen wird.
An den ersten beiden Tagen eine klassische Asphalt-Rallye, verwandelt sie sich am Sonntag in ein reinrassiges Schotter-Event. Dieser Wechsel bedeutet für die Ingenieure und Mechaniker am Samstagabend Stress pur. In nur 75 Minuten müssen die Autos von Asphalt-Abstimmung auf Schotter-Setup umgebaut werden.
Eine große Herausforderung stellen diese Gegensätze auch für die Fahrer dar. Zum Auftakt müssen die Piloten am Freitagabend bei völliger Dunkelheit die ersten drei Wertungsprüfungen der Rallye meistern, wenn sie sich vom zeremoniellen Start in Barcelona (18 Uhr) dem Rallye-Zentrum im Badeort Salou nähern.
Alles neu ... macht der Sonntag
Am Samstag stehen im bergigen Hinterland der Costa Daurada sechs weitere WPs auf Asphalt auf dem Programm, darunter gleich zwei Mal die wegen ihrer spektakulären Spitzkehren von den Fans geliebte "El Priorat". Mit 42 Kilometern Länge ist sie zugleich die längste WP der Rallye.
Am Sonntag bietet sich den Teams ein vollkommen anderes Bild. Drei abschließende Schotter-Prüfungen, die im Laufe des Tages zwei Mal durchfahren werden, führen das Teilnehmerfeld bis an den westlichen Rand Kataloniens. Mehr als an den beiden vorangegangenen Tagen kann nun die Startposition eine entscheidende Rolle für den Ausgang der Rallye spielen: Sollte es trocken sein, bleibt der Staub der zuerst gestarteten World Rally Cars in den Tälern der hügeligen Landschaft regelrecht stehen.
Freie Sicht ist den Fahrern also keineswegs garantiert. Aber vorne starten muss kein Vorteil sein: Durch den "Straßenkehr-Effekt" dürften auch die Führenden Zeit verlieren.
Siegeskandidaten
Volkswagen - mit dem neuen Weltmeister Sébastien Ogier - greift in Spanien auch nach dem Hersteller-Titel. Beendet einer der beiden Werksfahrer Ogier oder Latvala die Rallye mindestens als Siebter, steht Volkswagen als neuer Titelträger fest. Da daran wohl kein Zweifel besteht, haben beide von Teamchef Jost Capito freie Fahrt bekommen. Mit Ogier und Latvala auf den vorderen Plätzen ist also zu rechnen.
Aber auch Dani Sordo ist heiß auf den Sieg und möchte vor seinen Fans den zweiten WM-Triumph einfahren. "Natürlich möchte ich diese Rallye mehr als jede andere gewinnen. Ich habe hier mein Debüt gegeben, meinen ersten Junior-Sieg eingefahren und meinen ersten Podestplatz in der WM erreicht", erklärt der Lokalmatador. "Aber es wird nicht einfach werden, besonders durch das spezielle Format. Wer am Samstagabend in Führung liegt, muss am Sonntag die Strecke kehren. Das ist eine Schande."
"Diese Rallye ist wirklich anders", weiß auch Thierry Neuville. "Entscheidend wird sein, den Wechsel von Asphalt auf Schotter so schnell wie möglich zu verinnerlichen. Ansonsten riskiert man, zehn oder 15 Sekunden zu verlieren - und das macht den Unterschied." Seinen ersten WM-Sieg hat der 25-Jährige, der (noch) einen Ford Fiesta RS WRC von M-Sport steuert, weiter im Auge. Aber nicht um jeden Preis. "Unser Ziel ist und bleibt der Vizemeistertitel. Aber falls der Sieg am Sonntag in Reichweite ist, werden wir darum kämpfen!"
Und nächste Woche soll es dann auch Neuigkeiten über Neuvilles Zukunft geben ...
Neuville im Training Sechster
Beim Shakedown, dem letzten Test vor der Rallye, fuhr Thierry Neuville am Donnerstag mit einer Zeit von 1:24,3 Minuten auf Rang sechs. Schnellster war Dani Sordo im Citroën DS3 (1:22,7 Minuten) vor den beiden VW-Piloten Jari-Matti Latvala und Sébastien Ogier. Anders als bei reinen Schotterläufen gilt der Shakedown in Spanien nicht als Qualifikation und hat somit keinen Einfluss auf die Startplätze.
Weltmeister Ogier geht als Erster auf die Strecke, Thierry Neuville als Zweiter. In der WM-Wertung hat Neuville zwei Rallyes vor Saisonende 18 Punkte Vorsprung auf Latvala und 26 auf Sordo.
pm/wrc/km - Bild: M-Sport