Es war der fünfte Massenspurt bei dieser Tour de France. Als Marcel Kittel die erste Etappe in Bastia gewann, hieß es noch, es sei kein richtiges Kräftemessen der Sprinter gewesen, weil Greipel und Cavendish durch Massenstürze aufgehalten wurden. Auch in Tours kamen die meisten Mannschaftskollegen von André Greipel kurz vor dem Ziel zu Fall, so dass der deutsche Meister den Sprint alleine bestreiten musste.
Doch das ändert nichts daran, dass Marcel Kittel wie schon bei seinem zweiten Etappensieg in Saint-Malo eindeutig die besten Beine hatte. Marc Cavendish war von seiner Mannschaft an die Spitze gelotst worden und musste den Sprint in Tours nur noch nachhause fahren, als Marcel Kittel auf den letzten 50 Metern noch aus seinem Hinterrad herausschoss und im Ziel eine halbe Radlänge vor dem britischen Favoriten lag.
Der Deutsche Marcel Kittel ist eindeutig der schnellste Mann in diesem Peloton, auch wenn er höchstwahrscheinlich nicht das grüne Trikot des Punktbesten erobern wird. Dafür hat Peter Sagan schon zu viele Punkte Vorsprung herausgefahren. Im Gegensatz zu Sagan bestreitet Marcel Kittel die Zwischensprints auf den einzelnen Etappen nicht, was sich inzwischen als Fehler herausgestellt hat. Jetzt noch damit anzufangen scheint zu spät, da nun nur noch vereinzelt Flachetappen auf dem Programm der Tour de France stehen.
Auf der 13. Etappe von Tours nach Saint-Amand-Montrond am Samstag hat Mark Cavendish die vorläufig letzte Gelegenheit, seine Tour-Bilanz 2013 aufzubessern. Der Brite hat immerhin seit 2008 insgesamt 24 Etappen bei der Tour de France gewonnen, in diesem Jahr erst eine.
In diesem Jahr steht Cavendish darüber hinaus am Pranger, weil er am Dienstag in Saint-Malo seinen Konkurrenten Tom Veelers beim Sprint zu Fall gebracht hat, absichtlich oder nicht. Gestern gab es Pfeifkonzerte der Zuschauer entlang der Zeitfahrstrecke rund um den Mont Saint-Michel. Negativer Höhepunkt war ein tätlicher Angriff mit einer Urin-Flasche.
Mark Cavendish, zu Recht empört über die unfaire Attacke, wollte eine sportliche Antwort geben. Bis kurz vor dem Ziel sah es so aus, als sollte es ihm gelingen. Doch er hatte die Rechnung ohne Marcel Kittel gemacht. Von dieser Niederlage auf der Zielgeraden von Tours wird der ehrgeizige und erfolgsverwöhnte Cavendish sich nur schwer erholen.
wb - Bild: Joel Saget (afp)