Nach der achten Etappe am Samstag schien alles klar: Christopher Froome und sein Team Sky hatten das Rennen nach Belieben beherrscht. Froome bekam endlich das gelbe Trikot, das er eigentlich schon voriges Jahr hätte bekommen sollen, doch da durfte er nicht, weil laut Stallorder Bradley Wiggins die Tour gewinnen musste.
In diesem Jahr ist Wiggins nicht dabei, Froome braucht keine Rücksichten mehr zu nehmen und sich in den Bergen nicht mehr zurückzuhalten. So war es nur logisch, dass er gleich in der ersten Bergetappe das Gelbe Trikot übernahm.
Am Sonntag dann die zweite Bergetappe, und plötzlich hatte Froome keine Mannschaft mehr. Sogar sein Leutnant Richie Porte ließ ihn im Stich.
Froome musste ganz allein die Angriffe seiner Gegner parieren, was ihm auch gelang. Doch was wäre passiert, wenn nicht nur Valverde und Quintana angegriffen hätten, sondern auch Contador, ten Dam und Kreuziger?
Sollten alle Gegner von Christopher Froome sich in den Alpen mit regelmäßigen Angriffen abwechseln, dann ist die Tour de France 2013 vielleicht doch noch nicht entschieden.
Die Entscheidung wird erst in der letzten Tour-Woche fallen, dafür haben die Veranstalter gesorgt. Vor uns liegt eine zweite Woche mit vielen sogenannten Übergangsetappen und einem Einzelzeitfahren, das aber nur über 33 Kilometer geht. Wiggins hatte im vergangenen Jahr gerade bei Zeitfahren seinen Vorsprung entscheidend vergrößert, doch voriges Jahr ging es über mehr als 50 Kilometer. Eine Vorentscheidung am Mittwoch rund um den Mont St.Michel darf also noch nicht erwartet werden. Auf die nächste Bergetappe müssen wir bis zum 14 Juli warten. Erst am kommenden Sonntag steht der legendäre Mont Ventoux auf dem Programm: Ein Berg, in dem selbst Eddy Merckx 1970 am Rand eines Zusammenbruchs stand.
Bis dahin gilt es, sich an den kleinen Dingen der Tour de France zu freuen. Der schönste Moment der ersten Tour-Woche war für BRF-Sportredakteur Werner Barth die Geste des Australiers Simon Gerrans. Nach zwei Tagen im Gelben Trikot schenkte Gerrans seinem Teamkollegen Daryl Impey die Führung in der Gesamtwertung. Der Australier bremste auf der Zielgeraden in Montpellier und kam drei Sekunden hinter Impey ins Ziel, der seit dem Mannschaftszeitfahren in Nizza zeitgleich mit Gerrans auf dem zweiten Platz der Gesamtwertung gelegen hatte. Daryl Impey wurde damit der erste Afrikaner im Gelben Trikot der Tour de France, und das bei der 100. Jubiläumsausgabe. Der Südafrikaner Dary Impey blieb zwei Tage lang Spitzenreiter, bis mit Christopher Froome der zweite Afrikaner das gelbe Trikot übernahm. Der in Afrika geborene Brite Christopher Froome bezeichnet sich selbst immer wieder gerne als der "Weiße Kenianer".
Bild: Jean-Sébastien Evrard (afp)