Vor dem Einzelzeitfahren am Samstag führt der Brite Bradley Wiggins mit 2 Minuten und 5 Sekunden Vorsprung vor seinem Landsmann Christopher Froome die Gesamtwertung an. Der Italiener Vincenzo Nibali ist Dritter, mit einem Rückstand von 2 Minuten und 41 Sekunden. Auf Platz 4 folgt als bester Belgier Jürgen Van den Broeck.
Die letzten Ausreißer wurden erst auf der Zielgeraden eingeholt. Fast hätte die Mannschaft SKY sich verschätzt und ihren Sprinter Mark Cavendish zu spät nach vorne gebracht. Doch was dann folgte, war sehr, sehr beeindruckend. Die Ausreißer Roche und Sanchez hatten 200 Meter vor der Ziellinie gerade den Sprint angesetzt, als von hinten Marc Cavendish wie eine Rakete an den beiden vorbeischoss. Am Ende hatte der Weltmeister gleich mehrere Radlängen Vorsprung.
Cavendish möglicher Sprinterkönig dieser Tour
Cavendish, an dem einige Kritiker schon gezweifelt hatten, unterstrich mit diesem zweiten Etappensieg seinen Anspruch auf den Titel des Sprinterkönigs dieser Tour. Er ist jetzt auch Favorit auf den Etappensieg in Paris, seine letzte Chance noch gleichzuziehen mit André Greipel, der bislang drei Spurtsiege bei der diesjährigen Tour verzeichnen konnte.
Für die Mannschaft SKY war es der inzwischen vierte Etappensieg mit zweimal Cavendish, einmal Froome und einmal Wiggins.
Wiggins, der sich am Freitag ganz in den Dienst der Mannschaft stellte, und 3,5 Kilometer vor dem Ziel die Verfolgungsjagd in Gang brachte. Das Maillot Jaune persönlich sorgte dafür, dass Cavendish noch um den Tagesieg sprinten konnte.
Wiggins selbst will am Samstag beim Einzelzeitfahren von Bonneval nach Chartres für den fünften Etappensieg seiner Mannschaft sorgen und damit den Streit über den angeblich stärkeren Christopher Froome beenden. Wiggins meinte im Interview, Froome sei ein hervorragender Fahrer in den Bergen. Gemeint war damit, im Zeitfahren werde ich schon schneller sein.
Wiggins würdiger Sieger der Tour
Am Samstag will Wiggins definitiv unter Beweis stellen, dass er ein würdiger Sieger der Tour de France 2012 ist. Sollte Wiggins dieses Einzelzeitfahren über 53 Kilometer aber nicht gewinnen, werden die Stimmen der Kritiker unweigerlich lauter werden. Gesetzt den Fall, Wiggins ist morgen langsamer als Froome oder nur ein paar Sekunden schneller, dann wird man sich wieder an die Etappen in den Alpen und Pyrenäen errinnern, als Froome von SKY-Teamleitung zurückgepfiffen wurde.
Die Tour de France 2012 ist zwar entschieden, aber spannend bleibt sie trotzdem.
Weniger spannend als das Prestigeduell an der Spitze präsentiert sich der Kampf um Platz 3. Jürgen Van den Broeck wird es wohl kaum schaffen, seinen Rückstand von 3 Minuten auf den Italiener Vincenzo Nibali aufzuholen. Im Gegenteil : Vielleicht ist sein Vorsprung gegenüber dem Amerikaner Teejay Van Garderen mit knapp 2,5 Minuten nicht ausreichend, um den vierten Platz zu verteidigen.
Kein Podiumsplatz in Paris und wahrscheinlich auch kein Etappensieg bei der diesjährigen Tour: Belgiens Radsport ist derzeit nur noch zweitklassig.
Bild: Pascal Pavani (afp)