Der kleine Mann im grünen Trikot von Europcar war heute erneut der Gewinner des Tages.
Nach seinem Etappensieg in den Alpen schaffte der 32-jährige Thomas Voeckler, der aufgrund von Verletzungen die Tour de France fast hätte absagen müssen, in den Pyrenäen seinen zweiten Triumpf bei der diesjährigen Tour.
Auf allen vier Bergen dieser schweren Etappe zwischen Pau und Bagnères de Luchon überquerte Voeckler die Ziellinie als Erster, anfangs noch mit einer größeren Ausreißergruppe im Rücken, am Ende allein auf weiter Flur.
Dabei sammelte der Franzose fleißig Punkte für die Bergwertung, in der er den Schweden Frederik Kessiakoff als Spitzenreiter ablösen konnte. Seinen vierten Platz in der Gesamtwertung vom vergangenen Jahr wird der neue französische Volksheld nicht mehr erreichen. Aber jetzt winkt ihm in Paris das weiße Trikot mit den roten Punkten des Bergkönigs.
Der Verlierer des Tages heißt Cadel Evans. Der Australier wurde im vorletzten Berg, dem Col d'Aspin, bereits von der Gruppe des gelben Trikots abgehängt, doch im letzten Berg, dem Col de Peyresourde, brach Evans dann vollständig ein. Am Ende kam er mit einem Rückstand von fünf Minuten auf Wiggins ins Ziel und fiel auf den siebten Platz der Gesamtwertung zurück.
Der beste Belgier, Jürgen Van den Broeck, profitierte vom Einbruch des Australiers und schob sich auf den vierten Platz der Gesamtwertung vor. Sein Ziel, Platz 3 in Paris, wird Van den Broeck aber nicht erreichen, weil er heute im Finale rund eine Minute auf den Italiener Vincenzo Nibali einbüßte.
Nibali war heute der einzige Konkurrent, der es wagte, Spitzenreiter Wiggins anzugreifen. Im letzten Berg versuchte Nibali mehrfach, dem Briten davon zu fahren, doch mit Hilfe seines Teamkollegen Christopher Froome schaffte Wiggins immer wieder den Anschluss. Das Trio Wiggins-Nibali-Froome erreichte das Ziel gemeinsam mit einem Rückstand von sieben Minuten auf den Etappensieger Thomas Voeckler.
Im letzten Anstieg wurde noch einmal deutlich, dass Chris Froome der eindeutig stärkste Fahrer bei der diesjährigen Tour der France ist. Hätte sein Teammanager ihm heute freie Fahrt gegeben, wäre es sicherlich noch einmal spannend geworden im Kampf um das gelbe Trikot. Doch laut Stallorder soll dieses gelbe Trikot ja auf den Schultern von Mannschaftskapitän Bradley Wiggins bleiben und muss Christopher Froome sich in diesem Jahr mit dem zweiten Platz begnügen. Gestern hatte Froome am zweiten Ruhetag erklärt, sich damit abzufinden, und Wiggins seine volle Unterstützung zugesagt. Heute berichteten britische Zeitungen, Froome sei dafür eine Prämie von sieben Millionen Euro zugesichert worden.
Es gab heute auch noch einen zweiten Verlierer des Tages: Frank Schleck. Nach dem Bekanntwerden seines positiven Dopingbefundes war der Luxemburger heute nicht mehr am Start. Obwohl Frank Schleck seine Unschuld beteuert, wurde er von seinem Team aus dem Rennen genommen. Die Affaire ist damit nicht beendet, aber zumindest die Diskussion: Andernfalls hätte erneut eine grundsätzliche Doping-Debatte die letzte Woche der Tour de France vergiftet. Auf diese Marschroute mit dem sofortigen Ausschluss eines positiv getesteten Fahrers hatten Tour-Direktion und Radrennställe sich bereits in den vergangenen Jahren geeinigt.
Bild: Pascal Pavani (afp)