Gabriella Willems kommt aus Barchon, ist 27 Jahre alt, trotzdem sind es ihre ersten Olympischen Spiele. Sie war schon für Tokio qualifiziert, ein Kreuzbandriss machte aber den Olympia-Traum zunichte. Und auch jetzt kamen in der Vorbereitung Verletzungen dazwischen, eine Knie- und eine Schulter-OP. Sie hatte nur einen Monat, um die Qualifikation zu schaffen, und das nach zwei Operationen. Bei der WM Ende Mai sicherte sie sich dann aber ihr Ticket für Olympia.
"Ich hatte so viel Pech die vergangenen Jahre, dass ich fast selbst nicht mehr an mich geglaubt hätte", erzählt Gabriella Willems in der RTBF. "Alle sagen dir, du hast es verdient, der Erfolg wird kommen, du wirst schon sehen. Aber wenn es einen Rückschlag nach dem anderen gibt, fängst du an zu zweifeln. Zum Glück habe ich nicht aufgegeben. Und jetzt bin ich dafür belohnt worden."
Nicht nur die letzten Jahre, auch der Tag ihrer Kämpfe in Paris war ein echtes Wechselbad der Gefühle. Ihr Freund, der Italiener Christian Parlati, ist ebenfalls Judoka. Er stand am Mittwoch vor ihr auf der Matte - und verlor seinen ersten Kampf gegen einen Gegner, der auf dem Papier schwächer war. "Er hätte gewinnen müssen. Aber er ist ausgeschieden und drei Kämpfe später war ich dran. Aber ich bin von negativen Emotionen überrollt worden und habe meinen Trainer gebeten, mir zu helfen", erzählt Gabriella.
Der Trainer, Cédric Taymans, hat die richtigen Worte gefunden. Auch wenn die Nervosität beim ersten Kampf gegen Maria Perez aus Puerto Rico da war und Willems noch dazu ein bisschen Glück hatte, im zweiten Kampf fegte sie die Weltranglisten-Zweite Elisavet Teltsidou mit Ippon von der Matte.
Dann aber verlor sie das Viertelfinale gegen die Deutsche Miriam Butkereit - den Kampf, den sie sich am machbarsten vorgestellt hatte. "Bei Olympia kann alles passieren - im positiven wie im negativen Sinn. Ich habe den Kampf verloren, den ich eigentlich nicht verlieren durfte."
Nach der Niederlage hat sich Gabriella Willems aber schnell wieder gefasst, hat mit der Französin Marie Eve Gahie und Sanne van Dijke aus den Niederlanden zwei Gegnerinnen geschlagen, die sie noch nie besiegt hatte.
Die Olympischen Spiele haben nunmal ihre eigenen Gesetze. Für Willems haben sie eine Medaille gebracht, direkt bei der Premiere. Sie widmet sie ihrer Familie und ihren Freunden. "Sie haben mich in schwierigen Zeiten unterstützt und hier in Paris angefeuert - bis hin zur Bronzemedaille."
Katrin Margraff