Die Vorstellung sollte bewusst leger über die Bühne gehen, mit einer kurzen Vorstellung und dann dem üblichen Frage- und Antwortspiel mit den Medien. Domenico Tedesco wirkte auf der einen Seite höflich-zurückhaltend in seinen Reaktionen, auf der anderen Seite aber auch sehr motiviert, was seine neue Aufgabe betrifft. Im Wartezimmer beim Zahnarzt habe er erfahren, dass Roberto Martinez als Belgiens Nationalcoach aufhört, und sofort seinen Manager angerufen: "Ich will den Job!" Bekommen hat er einen Vertrag bis 2024.
Bisher hat der Deutsch-Italiener nur im Club trainiert, unter anderem bei Schalke, Spartak Moskau und Leipzig. Das ist, um mit Marc Wilmots einen seiner Vorgänger zu zitieren, etwas völlig anderes als eine Nationalauswahl. Aber das ist ihm wohl auch bewusst. Er weiß auch, dass ihm nicht viel Zeit bleibt, um mit seinem neuen Team zu arbeiten. Am 24. März steht in Schweden schon ein wichtiges Qualifikationsspiel auf dem Programm für die EM 2024 in Deutschland - und nur vier Tage später, am 28. März, gibt es in Köln ein Testspiel gerade gegen die deutsche Nationalmannschaft.
Sein Staff muss auch noch zusammengestellt werden, da gebe es noch Gespräche zwischen seinen Wunschmitarbeitern und deren jetzigen Arbeitgebern. So viel ist klar: Thierry Henry wird wohl nicht dazu gehören, das sagte Generalsekretär Peter Bossaert, wobei er sich bei Henry ausdrücklich bedankte für sein Engagement.
Dafür wird Domenico Tedesco mit Franky Vercauteren ein Sportdirektor zur Seite gestellt - auch als Bindeglied zu den Spielern und den belgischen Strukturen. Nach den eigenen, typisch klaren Worten will er sich aber aus den Entscheidungen Tedescos raushalten, sagte Franky Vercauteren. So verstehe er Teamplay. Das heiße ja nicht, dass man nicht diskutieren dürfe, seinen Standpunkt nicht mitteilen dürfe, aber: jedem seine Rolle.
Franky Vercauteren lebt inzwischen mit seiner Familie in Russland, sie werde nicht nach Belgien umziehen, sagte er. Er will also zwischen den Länderspielen von Wohnort zum Arbeitsplatz pendeln. Notfalls könne er seine Familie auch an einem dritten Ort wie Istanbul treffen, sagte er.
Der Altersunterschied zwischen den beiden Protagonisten ist groß: Franky Vercauteren ist 66, Domenico Tedesco 37. Er gehört zu einer jungen Trainergeneration, die vor allem auch mit Daten arbeitet. Er wurde auch als Laptoptrainer tituliert. Dazu sagt Tedesco, dass er zwar mit dem Computer arbeite, mit dem Laptop, wie die meisten anderen Trainer heutzutage auch. Aber er nehme ihn nicht mit ins Bett. Mit dem Titel "Laptoptrainer" könne er leben, er würde ihn aber selbst nicht in Verbindung bringen mit seiner Person.
Stephan Pesch