Alles begann in einer kargen Bleibe mit zwei schmalen Einzelbetten. Für 32 Euro ließ sich in der 'Auberge Francopole' bis zuletzt ein Zimmer mieten, um selbst zu erleben, wie das für Michael Schumacher vor genau 30 Jahren wohl gewesen sein muss.
Vier Nächte verbrachte der spätere Formel-1-Rekordweltmeister und Held einer ganzen Generation in dieser Jugendherberge, bevor er am 25. August 1991 in Spa-Francorchamps seinen ersten Grand Prix fuhr. Dieser endete schon nach 500 Metern, trotzdem war es der denkwürdige Start einer einmaligen Karriere.
Und diese begann mit einer Notlüge. Schumachers Manager Willi Weber erzählte Teamchef Eddie Jordan zwar, dass der damals 22-Jährige den legendären Kurs in den Ardennen bestens kenne. Doch das stimmte gar nicht. "Aus diesem Grund schnappte ich mir ein Fahrrad, um dort ein paar Runden zu fahren und ich erkannte gleich, welch fantastische Strecke dies ist", sagte Schumacher später.
Nur mit diesem Trick und viel Überzeugungsarbeit durch Weber, der sich nach Problemen mit einer Hotelbuchung das triste Zimmer Nummer vier im Hostel mit seinem Schützling teilte, bekam der Deutsche das Cockpit von Bertrand Gachot. Der Franzose musste wegen einer Attacke mit Reizgas auf einen Taxifahrer in London kurzfristig ins Gefängnis. "Schumacher, wer?", soll der charismatische Jordan gefragt haben, als Weber den Deutschen als Ersatzmann vorschlug.
Doch Schumacher konnte mit seiner unvergleichlichen Fahrweise bei einem Test in Silverstone überzeugen und durfte in Spa hinter das Lenkrad des Jordan 191. "Ich habe meine Chance bekommen, und die habe ich genutzt", sagte Schumacher. "Ich habe von der Formel 1 geträumt, aber ich habe mir nie vorstellen können, dass es wirklich klappen sollte." Im Qualifying raste er gleich sensationell auf Rang sieben und es wurde gemutmaßt, dass er gleich sein erstes Rennen gewonnen hätte, wenn ihn nicht ein Schaden an der Kupplung noch auf dem ersten Kilometer ausgebremst hätte.
Und so gewann er erst ein Jahr später. Natürlich in Spa-Francorchamps, auf der Strecke, auf der er wie kein anderer sein Können zeigte. Sechs seiner insgesamt 91 Karriere-Siege feierte er in Belgien. Der siebenmalige Weltmeister liebte den hügeligen Kurs, der eigentlich überhaupt nichts für Anfänger ist.
"Michael war die eindrucksvollste Person, die je ein Debüt in einem meiner Autos gegeben hat. Es stellte sich eine Frage: Entweder war die Stoppuhr defekt oder dieser Junge war verdammt gut", sagte Jordan Jahre später. Schumacher blieb nur ein Rennen bei ihm und wechselte dann zu Benetton, sein Bruder Ralf absolvierte später 33 Grand Prix für den Rennstall des schillernden Iren.
"An dieses Auto werde ich mich immer erinnern, das ist klar", sagte Michael Schumacher einmal über seinen Debüt-Wagen. Dieser stand gerade beim britischen Autohändler Speedmaster zum Verkauf: 1,45 Millionen Euro kostete der grün-blaue Flitzer, der im Vergleich zu heutigen Formel-1-Boliden eher an eine kleine Seifenkiste erinnert.
Schumachers Sohn Mick fuhr das Auto jüngst in Silverstone und postete stolz ein Foto davon bei Instagram. Der 22-Jährige eifert seinem Vater nach, ist in seiner Premierensaison zwar noch ohne WM-Punkte, hat beim unterlegenen US-Rennstall Haas aber ein gelungenes Debüt hingelegt. Er tritt am Sonntag zum ersten Mal in einem Formel-1-Boliden in Spa-Francorchamps an.
Vater Michael wird dann nicht an der Strecke sein. Er hatte bei einem fatalen Skiunfall 2013 ein schweres Schädelhirntrauma erlitten und tagelang um sein Leben gekämpft. "Dank der Arbeit seiner Ärzte und dem Mitwirken von Corinna, die wollte, dass er überlebt, hat er überlebt - aber mit Folgen. Und im Moment kämpft man gegen die Folgen an", sagte Präsident Jean Todt vom Motorsport-Weltverband Fia kürzlich in einem 'Bild'-Interview. Der ehemalige Ferrari-Teamchef gilt als enger Vertrauter der Familie und Ehefrau Corinna Schumacher.
Details über Schumachers Gesundheitszustand sind seit Jahren nicht mehr bekannt, auch wenn sich Fans auf der ganzen Welt genau das wünschen. Der mittlerweile 52-Jährige lebt abgeschirmt von der Öffentlichkeit und soll sich um die Gesundheit kümmern. "Wir hoffen, dass sich die Dinge langsam, aber sicher verbessern", sagte Todt.
Von Thomas Wolfer, dpa