Vor 65.000 Zuschauern im Londoner Wembley-Stadion war die Erwartungshaltung der rund 60.000 englischen Fans riesengroß. Gepusht von der beeindruckenden Kulisse erwischten die Engländer einen wahren Traumstart. Luke Shaw verarbeitete die perfekte Hereingabe von Trippier per Dropkick in der 2. Minute zum 1:0. Das schnellste Tor bei einem EM-Finale war zeitgleich der erste Rückstand der Azzurri bei dieser EM.
Italien war bemüht, eine rasche Antwort auf den frühen Rückstand zu finden, scheiterte aber am englischen Abwehrriegel. England wurde einige Male über die Flügel gefährlich. Die Squadra Azzurra durchlebte in der 20. Minute einen Schreckmoment, als Jorginho am Knie behandelt werden musste. Nach einem kurzen Check ging es aber weiter für den Chelsea-Profi. Italien zeigte sich offensiv nicht so gefährlich wie in den vorangegangenen Spielen.
Es dauerte bis zur 35. Minute, ehe sich Federico Chiesa einmal dynamisch durchsetzen konnte und mit einem flachen Schuss aus der Distanz knapp das Tor der Engländer verfehlte. Von der oft gelobten mannschaftlichen Geschlossenheit der Italiener war über weite Strecken der ersten Halbzeit wenig zu sehen. Mit der knappen und verdienten Führung der Engländer ging es in die Kabinen. Die Three Lions waren nur noch eine Halbzeit vom ersten Titelgewinn seit dem Gewinn der WM '66 im Wembley-Stadion entfernt.
Die Squadra hatte die erste Chance des zweiten Spielabschnitts durch einen Freistoß Insignes. Der Ball ging aber gut einen Meter über das Tor der Engländer. Auch in der 57. Minute war Insigne an der nächsten gefährlichen Aktion der Italiener beteiligt. Diesmal scheiterte er aus kurzer Distanz am englischen Schlussmann Pickford.
Die Italiener wurden stärker und hatten in der 62. Minute den nächsten Abschluss durch Chiesa. Pickford war aber rechtzeitig unten, um den Ausgleich zu verhindern. England hatte seine erste Möglichkeit durch Stones per Kopf in der 63. Minute. Donnarumma konnte das Leder übers Tor lenken.
Italien machte weiter Druck und konnte in der 67. Minute verdient ausgleichen. Nach Ecke von rechts lenkte Englands Schlussmann Pickford den Kopfball von Verratti noch an den Pfosten. Bonnuci verwertete den Ball in bester Abstaubermanier aus kurzer Distanz zum 1:1.
England hatte Schwierigkeiten, den Elan des ersten Spielabschnitts zurück zu finden und Italien war nun drückend überlegen. Bei den Italienern fiel Chiesa in der Schlussphase des Spiels verletzt aus. Da keine Tore mehr fallen sollten, ging das Finale, wie schon vor fünf Jahren, in die Verlängerung.
Die Verlängerung blieb bis zur 104. Minute ohne nennenswerte Aktion. Emerson mit der scharfen Hereingabe von links. Pickford konnte vor Bernardeschi klären. Das war eine Millimeterfrage. Die erste Halbzeit der Verlängerung blieb ohne Tor.
Zu Beginn der zweiten Hälfte der Verlängerung waren die Engländer noch mal gefährlich im Strafraum der Italiener. England wollte die Entscheidung in der Verlängerung erzwingen und nicht ins Elfmeterschießen. Aber die Entscheidung über die Titelvergabe musste, wie 1976, im Elfmeterschießen fallen.
Den zweiten Elfmeter der Italiener durch Belotti parierte Pickford. England schien im Vorteil. Dem dritten englischen Schützen Marcus Rashford versagten die Nerven. Auch der nächste englische Schütze, der junge Jadon Sancho, vergab vom Punkt.
Jorginho hatte die Entscheidung auf dem Fuß, doch auch dem Chelsea-Profi versagten die Nerven. Saka hielt dem Druck am Ende nicht stand und auch er scheiterte. Italien ist der neue Europameister!
Christophe Ramjoie