Lewis Hamilton verteilte Kusshändchen ans deutsche Publikum, Nico Rosberg war nach seinem schweren Rückschlag im WM-Kampf der Formel 1 tief geknickt. Der gebürtige Wiesbadener verspielte mit einem verpatzten Start nach wenigen Metern seine Pole, bereitete seinem britischen Mercedes-Teamkollegen den Weg zum Sieg und kam nach einer Strafe wegen zu harten Überholmanövers letztlich nur auf den vierten Platz. "Es hat nicht viel geklappt", räumte Rosberg zerknirscht ein. "Es war ein echt harter Tag."
Hamilton hingegen baute mit seinem 49. Karrieresieg den Vorsprung auf Rosberg vor der vierwöchigen Sommerpause auf 19 Punkte aus. Der Brite feierte seinen sechsten Sieg in den vergangenen sieben Rennen. Zweiter in dem Langweiler-Grand-Prix wurde der Australier Daniel Ricciardo vor seinem Red-Bull-Teamkollegen Max Verstappen.
"Es war ein super Rennen", meinte der strahlende Hamilton. "Ich habe überhaupt keine Fehler gemacht, deshalb bin ich glücklich." Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff sieht den WM-Kampf zwischen seinen Piloten aber noch lange nicht entschieden. "Es gibt eine Menge Punkte zu holen. Die Meisterschaft ist völlig offen", betonte er.
Ferrari-Star Sebastian Vettel, der noch nie auf dem Hockenheimring gewinnen konnte, schaffte es lediglich auf Rang fünf. "Es ist natürlich enttäuschend, zuhause nicht auf's Podium zu fahren. Es gibt für uns noch viel zu tun, die letzten Rennen waren etwas hubbelig", haderte der Heppenheimer.
Nico Hülkenberg raste im Force India als Siebter erneut in die Punkte, Manor-Mann Pascal Wehrlein kam nicht über Position 17 hinaus. Damit schaffte es kein deutscher Pilot am Sonntag aufs Podest bei der Rückkehr der Motorsport-Königsklasse nach Deutschland.
Trotz kurzzeitiger Elektronikprobleme an seinem Silberpfeil hatte sich Rosberg die Pole Position gesichert - doch wie schon zuletzt in Ungarn konnte er sie nicht verteidigen. Diesmal kam er beim Start gar nicht richtig ins Laufen. Hamilton sowie die beiden Red-Bull-Männer Verstappen und Ricciardo zogen an ihm vorbei.
"Es ist einer der besten Kurse zum Überholen", hatte der Brite vor dem ersten Formel-1-Rennen in Deutschland seit zwei Jahren versichert. Rosberg, der vor zwei Jahren auf dem Hockenheimring von der Pole aus gewonnen hatte, kam aber erstmal nicht an Ricciardo vorbei. Der Australier verteidigte seine Position knallhart. Vettel, der noch nie in Hockenheim gewann, heftete sich an Rosberg. Der gebürtige Wiesbadener kam als erster Mercedes-Pilot in der 12. Runde an die Box und ließ sich die weichere Reifenmischung aufziehen. Hamilton blieb aus dem Führungsquartett am längsten draußen. Drei Umläufe nach Rosberg fuhr auch er in die Garage und bekam im Gegensatz zu seinem Teamkollegen die etwas härteren Pneus. Souverän blieb Hamilton danach vor dem erst 18-jährigen Verstappen vorne.
Der Rheinländer Hülkenberg, der in der Startaufstellung um einen Platz nach hinten auf Position acht versetzt worden war, zeigte ein beherztes Rennen und hielt sich konstant auf einem Punkterang. Wehrlein steckte wie erwartet im hinteren Ende des Feldes fest. Nach seinem zweiten Boxenstopp in Runde 28 kam Rosberg auf der Strecke erneut einem Red Bull ganz nahe. Diesmal war es in der Haarnadelkurve der Wagen von Verstappen. "Er hat mich von der Strecke gedrängt", schimpfte der Youngster über den wieder komplett freigegebenen Boxenfunk. Rosberg verteidigte sein Überholmanöver, es nutzte aber nichts. Die Rennkommissare ahndeten seine Aktion mit einer empfindlichen Fünf-Sekunden-Strafe.
Der mit vier Grand-Prix-Siegen so furios in diese Saison gestartete Rosberg versuchte nun, genügend Vorsprung auf die Red-Bull-Piloten herauszufahren, um Platz zwei hinter Hamilton zu retten. Der dreimalige Formel-1-Weltmeister konnte sich ungefährdet von den Positionskämpfen hinter sich sein Rennen einteilen. Spätestens nach Ableisten seiner Strafe an der Box in der 45. Runde musste sich Rosberg schon gedanklich vom Podestplatz verabschieden. Diesen WM-Rückschlag muss er in der Sommerpause erstmal aufarbeiten.
dpa/okr - Bild: Thomas Kienzle (afp)