Mitte März fragte Vivant den zuständigen Minister Antonios Antoniadis, ob es bei der außerschulischen Betreuung des RZKB ein Schweinefleischverbot gibt, falls dort muslimische Schüler eingeschrieben sind. Der Minister verneinte ein grundlegendes Schweinefleischverbot: "Ich habe die Informationen vom RZKB damals angefragt. Und diese habe ich auch wiedergegeben. Nämlich, dass an einigen Standorten auf Alternativen zurückgegriffen wird, wie Rind, Pute oder Hühnchen. Aber, dass es auch Standorte gibt, in denen immer noch Schweinefleisch angeboten wird." Außerdem stelle nicht die Regierung den Speiseplan auf. Das RZKB sei eine privatrechtlich organisierte Einrichtung, kein öffentlicher Dienst.
Dokumente, die Vivant zugespielt wurden, zeigten jedoch, dass es eine solche Vorgabe beim RZKB gibt. Eine Mitarbeiterin hatte sich geweigert, die Regel einzuhalten und wurde abgemahnt. Die Rede ist von Vorgaben, Richtlinien und Arbeitsvorgaben. Hat der Minister also gelogen? Die genaue Wortwahl könnte hier entscheidend sein. Kein grundlegendes Schweinefleischverbot. Stimmt, denn die Vorgabe gilt nur an einigen der 21 AUBE-Standorte. Und das schon seit sieben Jahren. Und bislang habe sich auch noch niemand darüber beschwert.
Mit der Vorgabe will das RZKB in erster Linie Integration fördern, erklärt die stellvertretende Direktorin Claudine Threis: "Wir wünschen, dass die Kinder miteinander leben und dass möglichst alle Barrieren entfallen, dass wir Betreuungsorte sind, die offen sind für alle Kinder, egal welcher Herkunft, egal welcher Weltanschauung der Eltern, ob jetzt Kinder mit Defiziten, oder Kinder aus ärmlichen Verhältnissen, dass alle Kinder ein gleiches Angebot haben, dass die Differenzen für die Kinder nicht spürbar werden. Die sollen sich gemeinsam an den Tisch setzen können. Und jedes Kind darf dann auch auswählen, worauf es Lust hat. Da soll kein Erwachsener daneben stehen, der sagt, du darfst dieses heute nicht haben, und jenes wohl. Das soll ein Miteinander sein, und essen und am Tisch sitzen ist bestimmt eine der wichtigsten Gelegenheiten von Miteinander und Gemeinsames teilen, Chancengleichheit auch für alle zu leben."
Das Ganze hat aber auch praktische Gründe, so das RZKB: "Die Differenz ist schwer zu machen, welche Wurst habe ich jetzt auf dem Tisch liegen. Dann braucht man auch nicht zu schauen, ist das Kind, was das Schweinefleisch nicht essen soll, heute da, oder welches war das jetzt wieder. Die Betreuerinnen wechseln auch wegen Krankheit oder Urlaubszeiten. Somit braucht man sich einfach keine Gedanken zu machen. Wie ist das denn heute wieder? Welches Kind ist denn jetzt heute da?"
Zurück zur Politik
Hat der Minister nun die Wahrheit gesagt oder verfälscht. Seine Formulierung "Unter anderem aus gesundheitlichen Gründen" relativiert Antoniadis jedenfalls: "Ich habe auch gesagt, es gibt unterschiedliche Gründe, auch gesundheitliche. Aber es ist sicherlich auch hier der Fall, dass wenn man zu Beginn des Jahres fragt: Darf Ihr Kind Schweinefleisch essen, und Eltern antworten nein, dass da durchaus auch Kinder drunter sind, die kein Schweinefleisch aus religiösen Gründen essen dürfen."
Für Alain Mertes von Vivant ist die ursprüngliche Verleugnung des religiösen Hintergrundes nicht nur unglücklich sondern schlicht und einfach eine Verdrehung der Tatsachen. "Wie deuten Sie das, wenn der Minister in der Pressemitteilung sagt, es gebe kein generelles Schweinefleischverbot, im Nachhinein sich aber doch herausstellt, dass es eine Regelung gibt, und diese Regelung vor einem religiösen Hintergrund zustande kommt. Er aber in seiner ersten Antwort sagt, dass es unter anderem aus gesundheitlichen Gründen vom Speiseplan verschwunden ist. Das kann man jetzt auslegen, wie man möchte, aber es entspricht zumindest nicht der Wahrheit."
Ob religiös, gesundheitlich oder was auch immer. Das RZKB fragt die Eltern nicht nach den Gründen, warum ihr Kind kein Schweinefleisch essen soll. Für Alain Mertes ist das kein Grund nicht darüber zu diskutieren. "Der Kern der Debatte ist eigentlich, weshalb wir Sonderregelungen für egal welche Minderheit einrichten oder aufstellen. Vor allem vor dem Hintergrund, dass solche Regelungen gar nicht nötig sind. Ich meine wir können uns das jetzt weiter ausmalen. Was ist wenn Eltern kommen, die sagen, unsere Kinder sollen nur vegetarisch essen. Dann wird man jedes Fleisch generell vom Speiseplan nehmen müssen. Kommen Eltern, die sagen, unsere Kinder sollen nur vegan essen, dann wird man auch noch alle tierischen Produkte vom Speiseplan nehmen. Das ist der erste Aspekt, dass es problematisch ist, weil man sonst eine Gruppierung bevorzugt und andere benachteiligt. das ist eine Art der Diskriminierung und das führt zu Unmut und zu Ärger in der Bevölkerung. Ich könnte noch weitergehen. Kinder, die eine Weizenallergie haben, dürfen nur Dinkelbrot essen. dann müssen wir noch allen Weizen vom Speiseplan nehmen. Also, wo fangen wir da an, wo hören wir da auf.“
Auch Minister Antoniadis wünscht sich eine offene Debatte: "Ich finde, man sollte schlicht und objektiv über jedes Thema diskutieren. Das sind die Regeln der Demokratie, und das ist schön dass es möglich ist. Man sollte diese Instrumente auch nutzen, da wo es notwendig ist. Und man sollte auch gerade jetzt, wo wir feststellen, dass es eine gesellschaftliche Veränderung gibt, dass wir auch bunter, vielfältiger werden, dass man sich mit diesen Fragen auseinandersetzt. Das habe ich dem RZKB gesagt, genauso, wie anderen Einrichtungen, wo Menschen hingehen und Dienstleistungen in Anspruch nehmen. Das gilt auch für Krankenhäuser, genauso wie für Altenheime."
Antoniadis: Viel Lärm um drei Scheiben Wurst
In der von Vivant ausgelösten Schweinefleisch-Debatte hat Familienminister Antoniadis das Regionalzentrum für Kleinkindbetreuung (RZKB) in Schutz genommen. Der Minister wirft Vivant vor, das Thema bewusst aufgebauscht zu haben. Tatsächlich gebe es kein grundlegendes Schweinefleischverbot in der außerschulischen Betreuung, so der SP-Minister. Dass an weniger als der Hälfte der Standorte auf Alternativen von Schweinefleisch zugegriffen werde, habe das RZKB bereits vor sieben Jahren entschieden.
In einer Mitteilung wirft der nach eigenen Angaben empörte Minister Vivant vor, auf demagogische Weise Ängste in der Bevölkerung zu schüren. (mitt/rkr)
Volker Krings
Kaum zu glauben, wie scheinheilig die Sache dargestellt wird: "Das Ganze hat aber auch praktische Gründe, so das RZKB: „Die Differenz ist schwer zu machen, welche Wurst habe ich jetzt auf dem Tisch liegen. Dann braucht man auch nicht zu schauen, ist das Kind, was das Schweinefleisch nicht essen soll, heute da, oder welches war das jetzt wieder. Die Betreuerinnen wechseln auch wegen Krankheit oder Urlaubszeiten. Somit braucht man sich einfach keine Gedanken zu machen. Wie ist das denn heute wieder? Welches Kind ist denn jetzt heute da?“
Dann soll "das Kind" eben Schweinefleisch essen, bzw. darauf verzichten, wenn es denn da ist.
Die Eltern welche ihre Kinder in diese Einrichtungen geben weil sie arbeiten müssen, gleich welcher Religion oder sonstigem angehörend, sollen sich doch freuen dass ihre Kinder auf diese Art betreut werden und sogar zu essen erhalten - gleich ob jetzt nur eine Stulle oder eben auch die warme Mahlzeit.....wenn es denen nicht passt weil eben unserer Gegend entsprechend Schweinefleich auf den Tisch kommt - sollten sich diejenigen nach Alternativen und oder anderen Betreuungsplätzen umschauen wo eben KEIN Schweinefleich angeboten wird und das dürfte ja wohl sehr Rar gesät sein. Wir sind ja langsam drauf und dran unsere Werte und Gewohnheiten immer mehr und mehr abzuschaffen und da muss ich sagen : LEIDER !