In Brüssel trifft Donnerstagabend die Fußballnationalmannschaft auf Bosnien-Herzegowina. Es ist nicht das erste Pflichtspielaufeinandertreffen zwischen beiden Teams und es wird auch nicht das letzte sein, wie die Auslosung zur kommenden WM-Qualifikation gezeigt hat. Inzwischen haben sich sogar echte Freundschaften entwickelt, wie das Beispiel des Fanclubs "Rote Teufel St. Vith" zeigt. Er hat pünktlich zum Länderspiel Besuch aus Bosnien zu Gast.
Vor knapp einem Jahr hat Sefket Dzambic, genannt "Chefko", einige der "Roten Teufel St. Vith" in seinem alten VW-Bus durch seine Heimat kutschiert - am Rande des EM-Qualifikationsspiel zwischen Bosnien und Belgien. Nach einigen teils auch rasanten Fahrten mit dem bosnischen "Schumi", wie der Renter sich selber nennt, wurden Kontaktdaten ausgetauscht, Fotos verschickt und Weihnachtsgrüße gesendet.
Und nun ist er mit seinem Sohn Mustafa zu einem "Gegenbesuch" in Ostbelgien angekommen. Eingeladen hat ihn Wilfried Thelen vom Fanclub "Rote Teufel" in St. Vith - "auch um darzustellen, dass wir als Fußballfans nicht nur singen, feiern und ... trinken und uns nur für den Fußball interessieren. Wir interessieren uns auch für Kultur und Völkerverständigung."
Er habe auch erst wirklich an die Einladung geglaubt, als er den wartenden Wilfried Thelen am Flughafen Köln-Bonn erblickt habe, erzählt "Chefko" hinterher. Alles, was er außer ein paar Brocken Deutsch in seiner Muttersprache sagt, wird übersetzt von Suada Mesan, die seit einiger Zeit in St. Vith lebt. Sie erklärt auch das bosnische Sprichwort, das Sefket Dzambic bemüht, um zu zeigen, wie sehr ihm seine Nachbarn die Einladung aus Belgien neiden. "Möge deine Kuh tot umfallen", sage man dort in solchen Gefühlsmomenten.
Die offene und direkte Art war wohl auch ausschlaggebend dafür, dass Wilfried Thelen und seine Begleiter so schnell ein enges Verhältnis zu dem Bosnier aufbauten. Und noch etwas spielte eine Rolle. "Vor allen Dingen hat uns auch enorm berührt, was wir in Sarajewo und um die Stadt herum gesehen haben, diese vielen Gräber, die im Krieg vor über 20 Jahren entstanden sind, junge Menschen, die da begraben sind. Aufgrund dessen war bei uns natürlich auch emotional die Verbindung entstanden - Sefket selbst war da voll im Krieg, da war er knapp 40 Jahre . Und sein Sohn war neun Jahre."
Eine gewisse Form von Missgunst, sagt Sefket Dzambic, sei auch heute noch zwischen den ethnischen Gruppen zu spüren in einem Land, in dem Muslime neben Serben und Kroaten leben. Umso mehr schätzt er das Interesse seiner neuen belgischen Freunde. Nach einem touristischen Besichtigungsprogramm in Ostbelgien wird er mit dem Fanclub "Rote Teufel" aus St. Vith nach Brüssel fahren und sich das Spiel aus dem belgischen Fanblock ansehen.
Belgische und bosnische Fähnchen hat Wilfried Thelen ebenso vorbereitet wie binationale Freundschaftspins. Was den Ausgang des Spiels angeht, gibt sich "Chefko" betont diplomatisch. Für Wilfried Thelen "und seine Jungs" hofft er, dass Belgien gewinnt. Und dass dann beide weiterkommen.
Stephan Pesch