Octavia Zanger kennt alle 58 Friedhöfe der DG wie ihre Westentasche, seitdem sie vor zwei Jahren ein Inventar in Angriff nahm, das auf über 1.000 Seiten anwuchs. "Die Friedhöfe sowohl hier im engeren Bereich um Eupen als auch in der Eifel zeichnen sich durch eine sehr schöne gärtnerische Gestaltung aus", sagt die Expertin, die früher im Dienste des Landschaftsverbandes Rheinland stand.
"Die Menschen haben hier offensichtlich Traditionsbewusstsein und halten an ihren alten Grabmälern fest, sie pflegen sie und halten sie in der Familie", stellt Octavia Zanger fest. Es kostet schon ein wenig Arbeit und Mühe, wenn es auf Allerheiligen zugeht. "Die meisten Bestellungen laufen jetzt zu Ende. Deswegen kann man sagen, dass Allerheiligen unser Stichtag ist", wie der Steinmetz Gerhard Peiffer aus Nidrum anmerkt.
Einen Ruheplatz für die Verstorbenen und einen Ort der Trauer zu haben, ist Tradition in unserer Kultur. Bepflanzte und gepflegte Gräber sind in Ostbelgien noch Usus. Aber der Wandel ist auch bei uns nicht mehr zu übersehen, erklärt Gerhard Peiffer. "Durch die Urnenbestattungen ist auch in unserer Gegend merkbar, dass der Grabsteinsektor ein bisschen nachlässt. Aber Grabsteine in moderner Form werden noch immer gefragt."
Das drückt sich nicht zuletzt in der individuelleren Gestaltung von Einzelgräbern aus. Härtere Granite von der südlichen Halbkugel oder aus dem hohen Norden, Laser- und Diamantwerkzeuge, vermögen dem Grabstein eine persönliche Note zu geben. Entlang der Gräber lässt sich so einiges ablesen: "Man kann an den Grabmälern erkennen, welches Bewusstsein sie haben oder wie religiös sie sind. Und auch der Geldbeutel ist an den Gräbern ablesbar, die Familiengeschichte und für viele eben auch die große Bedeutung für den Ort", erklärt Octavia Zanger.
In Eupen lässt sich viel Interessantes über die Kultur und über die Menschen erfahren, die hier ihre letzte Ruhe fanden. Zum Beispiel beim Grabmal des Abraham Römer. Es zählt zu den ältesten und gab schon wegen seiner äußeren Form der Nachwelt Rätsel auf. Die Symbolik und die klassizistische Form verweist auf einen Kaufmann evangelischer Konfession. Kreuzformen und neugotische Ornamentik sind indessen typisch für die in der Mehrzahl katholischen Denkmäler.
Der Friedhof in Eupen entwickelte sich im 19. Jahrhundert zu einer parkähnlichen Anlage mit aufwendig gestalteten Grabmalen, die auch die gesellschaftliche Stellung oder die Lebensleistung der Bestatteten widerspiegeln. Die Verwendung von Gusseisen war nicht nur Ausdruck einer Mode, sondern hat einen durchaus wirtschaftsgeschichtlichen und sogar ortsbezogenen Hintergrund. Einige Kanaldeckel im Stadtzentrum erzählen noch davon.
Immer mehr Steine erzählen aufgrund ihres Erhaltungszustandes keine Geschichten mehr, wie der Grabstein Franz Josef Klauseners. Das man diesen Schwund nicht verhindern kann weiß auch Octavia Zanger. "Man wird nicht jedes alte Grabmal halten können, aber man sollte sich bemühen, vielleicht über Patenschaften etwa oder andere Anreize, den Erhalt zu gewährleisten."
In Eupen finden sich Zonen mit einer derart geschlossenen Gräber- und Grabmalsubstanz, die bemerkenswert ist. Diese Ensemble sollten in ihrem Erscheinungsbild bewahrt bleiben. Als Ort der Erinnerung, der Ruhe und der inneren Einkehr machen die Friedhöfe viel Kulturgeschichte erfahrbar.
Bild: BRF
Den Wunsch nach einer individuellen Grabstätte kann ich nachvollziehen. Besonders Kindergräber sollten in ihrer Gestaltung freier und verspielter sein dürfen als Erwachsenengräber. Dennoch denke ich, dass der Friedhof als Ruhe- und Gedenkort wichtig ist und man seine christlich-abendländische Grundstrultur - die sich über Jahrhunderte bewährt hat - erhalten sollte. Ebenso sollte der 1. November (sowohl in Belgien als auch in NRW) weiterhin ein gesetzlicher Feiertag bleiben, nicht um das Totengedenken an anderen Terminen abzuwerten, sondern um einen festen Termin im Jahresrythmus zu haben, welcher dem Gedenken seinen würdigen Platz einräumt.