Heute nun, am 15. November, dem Tag der DG, beruhigte der MP, man sei weder undankbar noch unersättlich, sondern vor allem konsequent und geduldig. Aber er blieb bei seinem Anspruch.
Es ist kein Zufall, dass der Tag der DG mit dem Tag des Königs zusammenfällt. 1990 hat das Parlament diesen 15. November als jährlich wiederkehrenden Gemeinschaftstag ausgesucht - ein Datum, an dem man nicht nur sich selbst feiert, sondern an dem auch die Verbundenheit zu Belgien und zum Königshaus deutlich gemacht wird. Inzwischen sind alle 23 Jahre älter, und es hat sich eine Menge getan im Staate Belgien und in der DG.
Die sechste Staatsreform steht vor ihrer Umsetzung, die siebte wird mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit kommen. Und die Deutschsprachige Gemeinschaft, deren Protagonisten sie gerne einen Kleingliedstaat nennen, hat sich im Laufe ihrer 40-jährigen Teilautonomie entwickelt, immer neue Zuständigkeiten übernommen und an ihrem Selbstvertrauen gearbeitet.
Aber es fehlt noch einiges an sogenannten Kompetenzen, die man gerne selbst ausüben möchte: die Raumordnung, der Wohnungsbau, die Provinzbefugnisse und vieles mehr. Im Zuge der sechsten Staatsreform werden der DG Zuständigkeiten unter anderem im Gesundheitswesen übertragen, die den Institutionen eine Menge abverlangen werden.
Mit den wachsenden Aufgaben nehmen auch die Belastungen zu: finanziell und materiell, personell und inhaltlich. Können "wir" das alles stemmen? Bislang ist, das können auch die Dauerskeptiker nicht bestreiten, eine Menge geleistet worden? Aber, was passiert, wenn die Gemeinschaftsforderung, als vierte Region eine weitgehende Gleichberechtigung gegenüber Flamen, Wallonen und Brüsselern zu erhalten, Wirklichkeit wird? Ist das dann noch machbar, finanzbier?
Der renommierte belgische Politikwissenschaftler Vincent de Coorebyter hat da so seine Bedenken - vor allem, was die Umsetzbarkeit betrifft. Die Zeit, sagt er, sei nicht reif. Die Flamen müssten im Zuge eines solchen strukturellen Umbaus immer mehr Zuständigkeiten an Brüssel abgeben. Sie fürchten eine 3:1-Situation gegen sich.
Als Ikone der Politikwissenschaft gilt auch der Aachener Professor Emanuel Richter. Er hält das Ansinnen des Juniorpartners DG für "vermessen" - vor allem mit Blick auf die ungleichen Größenverhältnisse in Belgien. Der RWTH-Wissenschaftler mit den Fachgebieten Demokratietheorie und Europäische Integration sagte, Autonomie müsse Grenzen haben, und in Belgien gehe sie schon sehr weit.
Und dann gibt es noch eines: Die DG und ihre Regierung haben die Sorge, dass die Gemeinschaft aufgrund ihrer Kleinheit vergessen werden könnte beim Umbau des Staates. Deshalb müsse man immer wieder an die eigene Existenz und die mit ihr verbundenen Ansprüche erinnern. Nach dem Motto: Steter Tropfen höhlt den Stein. Übertreibt man es aber mit seiner Präsenz und dem Nachdruck seiner Forderungen, riskiert man, in die Ecke der Separatisten gestellt zu werden.
Da gehören die Deutschsprachigen in Belgien mit Sicherheit nicht hin - sie werden nicht müde, alle Welt von ihrer Treue zu Belgien und zur Monarchie zu berichten. Und trotzdem: im Streben nach Autonomie kann es oft Beifall von der falschen Seite geben, wie gestern erst, als die N-VA durch einen Sprecher mitteilen ließ, sie werde sich in diesem Sinne solidarisch verhalten. Auf diese Solidarität können wir gerne verzichten. Im übrigen gilt: In diesem Belgien lebt es sich für die Deutschsprachigen ganz bestimmt besser, wenn man nicht jede Forderung an die große Glocke hängt.
Und noch eines: Die DG wird als vierte Region niemals alleine die ausreichenden Finanzmittel zur Eigenverwaltung generieren können. Wie soll das gehen - eine selbstständige Region, die mit dem Geld der anderen haushaltet?
Der größte Knackpunkt wird sein, dass die Wallonie von der DG fordern könnte, dass eine autonome Region DG sich auch von den bei ihr "erarbeiteten" Steuern "ernähren" sollte (Steuern am Ort des Arbeitsplatzes). Ähnlich wünscht sich das ja auch die Region Brüssel von den Flamen (wird es m.E. aber nie bekommen, es sei denn ggf. teilweise gegen erhebliches Mitspracherecht der Flamen in Brüssel).
Ein "Länderfinanzausgleich" ähnlich der Dotation könnte eventuell die größte Not in der DG lindern, trotzdem wäre die DG dann nicht mehr "small is beautifull" (MP Lambertz) sondern "small is poor". Vielleicht aber auch noch "sexy" wie das arme Berlin des Wowi... Unsere "brutale" Forderung brüskiert jedenfalls viele Bürger und Politiker in Belgien und wir sollten m.E. diplomatischer vorgehen (s.a. "große Glocke" bei Herrn Schröder). Nicht jeder versteht das nämlich so, wie es der MP am Tag Dynastie in Brüssel schon abgeschwächt hat : "nicht undankbar und nicht ungeduldig" (o.ä.). Besser wäre es m.E. gewesen, dem Inland (und besonders der Wallonie) zu beweisen, dass wir mit den neuen Zuständigkeiten aus der 6.Staatsreform "froh sind" und "gut fertig werden" und dann die nächsten Schritte zu fordern : Provinz und weitere regionale Zuständigkeiten.
Wie wäre es, wenn wir (ich meine: unsere Politiker) uns (sich) mal um ernstere Probleme kümmern würden????
Es geht doch nur um gut bezahlte und bequeme Posten!!!!! Der gemeine Bürger ist doch nur bei Wahlen interessant!!!!