Man stelle sich einen US-Bürger vor mit familiären Wurzeln in der Gemeinde Büllingen. Und der auf der Suche nach Information über seine Vorfahren im viersprachigen Portal des Zentrums für ostbelgische Geschichte fündig werde. Aber eben nicht nur dieser US-Bürger, sondern auch alle Ostbelgier werden fündig, sagt Nicholas Williams: "Als wir den ersten Teil mit der interaktiven Karte zu den Kriegsschicksalen im Februar vorgestellt haben, da kamen schöne und teils auch sehr emotionale Reaktionen unserer Nutzer."
Vorgestellt wurde seinerzeit auch ein Podcast über Kriegsschicksale, mit Zeitzeugen, die während des Zweiten Weltkriegs Kinder waren. In einer zweiten Folge geht es jetzt um den Widerstand gegen die Nationalsozialisten und gegen die deutsche Besatzung. "Naturgemäß ist es da sehr viel schwieriger, Zeitzeugen zu finden. Jemand, der 1945 20 Jahre alt war, der würde dieses Jahr seinen 100. Geburtstag feiern. Da Zeitzeugen zu finden, ist natürlich nicht ganz einfach. Wir haben das Problem umschifft, indem wir etliche O-Töne von uns selber und von Leuten aus unserem Netzwerk haben einsprechen lassen."
Ein weiteres neues Angebot ist eine interaktive Karte von Rocherath-Krinkelt nach einem Feuerstättenverzeichnis aus dem 17. Jahrhundert. Wie bei einer schon bestehenden Karte über das Dorf Amel um 1950 war das Zentrum für ostbelgische Geschichte auf historisch interessierte Ortsansässige angewiesen. Das gelte auch für die Zukunft, sagt Nicholas Williams: "Wenn jemand von seinem Ort historische Daten dieser Art hat, die er gerne in entsprechender Form visualisieren möchte, stehen wir auch in Zukunft im Rahmen unserer Möglichkeiten dafür gerne zur Verfügung. Die gute Nachricht ist, dass die grundlegende IT-Infrastruktur steht. Das wird in Zusammenarbeit mit unseren Partnern Pixelbar und Pavonet jedes Mal ein kleines bisschen günstiger, weil die auf bestehende Strukturen aufsatteln können."
Aufgenommen werden auch Videos über die Geschichte von Limbourg, wie sie Alain Brose erarbeitet und verbreitet. "Er hat den YouTube-Kanal Doc de Limbourg. Wir haben dieses Projekt relativ früh unterstützt und greifen es nun auch als Teil unseres Portals auf, nicht in Konkurrenz zu seinem YouTube-Kanal, sondern um ihm mehr Sichtbarkeit zu geben. Wobei unsere Inhalte grundsätzlich nicht über YouTube eingebunden werden, sondern über Vimeo, was unter anderem datenschutzrechtliche Gründe hat."
Und dann wären da noch interaktive Schulmaterialien zum Staatenwechsel 1920, die nach dem deutschen Vorbild von "Zweitzeugen e.V." erstellt wurden. "Die Idee ist, dass die Schüler sich in Arbeitsgruppen diese Biographie erarbeiten, sie sich aneignen und dass dann jemand in die Rolle dieses Zeitzeugen schlüpft, um es seinen Klassenkameraden vorzustellen", sagt Nicholas Willems. "Wir haben die Interviews mit Experten abgeglichen, also auch mit Familienmitgliedern: Hätte der oder die das so in etwa sagen können?" Das Ergebnis steckt in 500 Broschüren, die den Schulmediotheken zur Verfügung gestellt werden, oder auf dem Portal des Zentrums für ostbelgische Geschichte.
Vorgestellt werden die neuen digitalen Angebote des Zentrums für ostbelgische Geschichte am Donnerstagabend um 19:30 Uhr im Alten Schlachthof in Eupen.
Stephan Pesch