In seiner Sendung "Je vous dérange" war Christophe Deborsu unter anderem in Verviers unterwegs. Fast eine halbe Million Menschen haben die Reportage bei der Erstausstrahlung am 7. November gesehen. Auch online wurde die Sendung vielfach abgerufen. Die aktuelle Ausgabe von "Je vous dérange" stört tatsächlich - und hat belgienweit eine Debatte über das Sozialsystem ausgelöst.
Deborsu zeichnet ein Bild von "faulen" oder zumindest "faul gewordenen" Empfängern von Sozialhilfe und Arbeitslosengeld. Ein Bild von Menschen, "die einfach keine Lust mehr haben, früh aufzustehen und arbeiten zu gehen". Nicht, weil sie es nicht können, sondern weil es ihnen mit den Sozialleistungen, die sie bekommen, sehr gut geht.
Für die Reportage war Christophe Deborsu in der ärmsten Straße der Wallonie unterwegs. Nach den Zahlen des belgischen Statistikamtes Statbel ist das die "Rue de Dison" in Verviers. Da ist zum Beispiel die alleinerziehende Mutter von drei Kindern. Laetitia bekommt monatliche Sozialleistungen von fast 2700 Euro netto. Hinzu kommen verschiedene Vergünstigungen und andere Vorzüge. Wenn sie arbeiten ginge, würde Laetitia weniger verdienen und alle anderen Vorteile verlieren.
Oder da ist der Mann, der wegen eines Kreuzbandrisses seit zwei Jahren nicht mehr arbeitet und auch nicht mehr arbeiten möchte. Seine Tage verbringt er mit Spaziergängen mit seinem Hund. Eine andere Dame berichtet, dass sie noch nie ihrem Leben gearbeitet hat. Lust auf Arbeit habe sie auch nicht: Alleine schon das frühe Aufstehen sei kompliziert.
Die Sendung sorgt seit Tagen für heftige Debatten - nicht nur in der Wallonie, auch in Flandern. Dem Reporter wird vor allem vorgeworfen, dass er mit der Reportage ein viel zu einfaches Schwarz-Weiß-Bild zeichnet. Die Tatsache, dass er in der einkommensschwächsten Straße der Wallonie unterwegs war, in der Rue de Dison in Verviers, verzerre das Bild. Dass man dort besonders viele Empfänger von Sozialleistungen treffe, liege einfach auf der Hand...
Mehr als 100 Beschwerden sind mittlerweile beim Rat für audiovisuelle Medien (CSA) eingegangen. Eine konkrete Beschwerde kommt auch von der Vorsitzenden des ÖSZH in Verviers, von der PS-Politikerin Gaëlle Denys. Sie sagt, dass ihre Aussagen aus dem Kontext gerissen worden seien. Und auch die alleinerziehende Mutter Laetitia fühlt sich in ein schlechtes Licht gerückt. In der Zeitung "Belang van Limburg" sagt sie ganz klar, dass sie keine "Schmarotzerin" sei.
Doch es gibt durchaus auch positive Reaktionen: Die Zeitung "La Libre Belgique" schreibt zum Beispiel, dass der Reporter Deborsu einfach nur auf existierende Schwachstellen hingewiesen habe. Die Reportage sei ein Weckruf, um sozialpolitische Reformen anzustoßen.
Natürlich bedient die Reportage aber auch die Erzählung vom klischeehaft "faulen Wallonen" und dem "fleißigen Flamen". Auch das sei problematisch, schreibt die Zeitung "Het Laatste Nieuws". Denn Menschen, die einfach keine Lust auf Arbeit hätten, die gebe es auch in Flandern. Kurz: Die Reportage zeigt eindeutig, dass es Fälle von so genannten "Sozialschmarotzern" gibt - aber sie überspitzt das Bild undifferenziert, indem Beispiele von echter Not nur gestreift werden.
Auch die Politik hat sich eingeschaltet: Die MR begrüßt das Aufzeigen von Missständen in der Reportage. Für die PS ist die Reportage stigmatisierend. Doch die Debatte ist auf jeden Fall noch nicht beendet. Auf Einladung der MR soll der RTL-Reporter Christophe Deborsu in der Kammer Rede und Antwort stehen.
Medienaufsicht prüft Klagen gegen RTL-Reportage zu Arbeitslosen in der Wallonie
Simonne Doepgen
der Apostel Paulus schreibt :"Wer nicht arbeiten will, soll auch nicht essen."
willkommen in der Realität.
Es ist gut, dass nun diskutiert wird. Es ist nun mal eine Tatsache, daß Arbeiten sich nicht immer lohnt. Der Unterschied zwischen Sozialleistungen und Lohn ist einfach zu gering.
Es ist nichts Neues, dass in einem bürgerlichen Staat die Mehrheit der Menschen für die herrschende Elite nur als bloße Nutztiere begriffen werden. Was sollen nur die 63 Mitarbeiter von "NMC" über solche Sendungen denken, deren "Arbeitsplätze" gar nicht mehr existieren, da sie einfach nicht mehr gebraucht werden - trotz gegenteiliger Ankündigung vor nicht allzu langer Zeit. Bis Ende 2024 wurden 5,64 % der unbefristeten Arbeitsverträge in Belgien auf einseitige Initiative des Arbeitgebers beendet. Dies ist der höchste entsprechende Wert der letzten fünf Jahre, wie aus einer Studie hervorgeht, die der Personaldienstleister Securex veröffentlichte. Die Zahl der Entlassungen sind in Belgien auf dem Höchststand der letzten fünf Jahre.
@Guido Scholzen: Ihr Spruch hat es sogar in die Verfassung der untergegangenen UdSSR geschafft. Zitat: „Die Arbeit ist in der UdSSR Pflicht und Ehrensache jedes arbeitsfähigen Staatsbürgers nach dem Grundsatz: ‚Wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen." Bravo - da sind Sie angekommen.
Manche Situation von Arbeitslosen wird vom ONEM/LFA und ADG selbst und in mit voller Absicht verursacht und aufrecht erhalten... Ein solcher Fall liegt seit 2015 bei der Staatsanwaltschaft EUPEN. Eine Strafanzeige gegen Mitarbeiter des ONEM/LFA wegen Unterschlagung von 'Sozialversicherungsrechten' die AR59quarter und EU-Charta Artikel 30 betreffend (Schutz vor ungerechfertigter Kündigung)... Sogar ein 'Zuständigkeitsurteil' kam zum Schluss, die Staatanwaltschaft hätte ihre Arbeit nicht gemacht !? Warum wohl, und seither wartet der Arbeitslose auf die ihm zustehende Gerechtigkeit !
Die Journalisten Belgiens sollten auch mal solche Situationen unter die Lupe nehmen !