Die zweite Unterrichtsstunde hat begonnen, Geschichte steht auf dem Programm. Langweile oder gähnende Gesichter? Fehlanzeige. Kein Wunder: Die Schüler dürfen ein Videospiel spielen - aber nicht zum reinen Vergnügen, sie sollen dabei natürlich etwas lernen. Die Schüler blicken auf einen großen Bildschirm statt auf die Tafel. Zu sehen ist dort die agile Spielfigur von Assassin's Creed.
Marianne bekommt heute den Spiele-Controller. Sie darf die Spielfigur unter der Anleitung des Lehrers durch das antike Athen bewegen. Es geht durch enge Gassen, über große Tempelanlagen und auf die Agora – den zentralen Versammlungs- und Marktplatz im antiken Griechenland.
"Hier in dem Spiel sehen wir gerade die Zeit um den athenischen Staatsmann Perikles. Die Materie ist komplex. In dem Spiel können wir direkt mit Perikles und vielen anderen wichtigen Elementen interagieren", erklärt Geschichtslehrer Laurent Kuckartz.
Die großen Spieleentwickler – in diesem Fall Ubisoft – legen einen großen Wert auf Details. Wie haben die Menschen gelebt? Wie sahen ihre Häuser aus? Was haben sie in ihrer Freizeit getrieben?
Laurent Kuckartz unterrichtet Geschichte, Erdkunde und Wirtschaft. Seiner Meinung nach sind das nicht die beliebtesten Fächer. Mit den Videospielen bietet er seinen Schülern einen anderen, besonderen Zugang. "Viele Schüler haben Schwierigkeiten beim Lernen. Ich finde es sehr wichtig, dass diese Schüler nicht nur Blätter in die Hand gedrückt bekommen."
Die Videospiele kommen nicht jede Stunde zum Einsatz – sondern nur, wenn ein neues Unterrichts-Kapitel beginnt oder endet. "In meiner Abschlussarbeit habe ich herausgefunden, dass die Schüler bei Tests 20 bis 30 Prozent besser abschneiden, wenn sie Videospiele nutzen."

Und wie kommt der Unterricht bei den Schülern an? "Ich finde es gut, dass wir im Unterricht Videospiele nutzen. Sie sind sehr realistisch gemacht und so kann ich mir alles besser merken", findet Emma. "Es ist wirklich abwechslungsreich. Ich finde es gut, wenn man nicht alles von der Tafel abschreiben muss. Besonders cool ist es, wenn man selbst den Spielecontroller in der Hand hat", sagt Noé.
Videospiele im Unterricht: Für Lehrer Laurent Kuckartz ist das seit vier Jahren gang und gäbe. Ihm sei es wichtig, Scheuklappen abzusetzen und unterschiedliche Herangehensweisen im Unterricht auszutesten, sagt er. Wenn der Unterricht so besser bei den Schülern ankommt – ja klar, warum nicht?!
Dogan Malicki