Als Marie-Hélène Düsseldorf in den 90er Jahren ihre Tätigkeit beim Roten Kreuz begann, sah die Welt für die Sektion St. Vith-Burg-Reuland noch ganz anders aus. Damals war die Hilfsorganisation auf dem Gelände des alten Fußballplatzes untergebracht – ohne große Infrastruktur wie heute. Und auch der Bedarf war ein anderer.
Eine richtige Lebensmittelbank gab es damals noch nicht. Es gab zwölf Kunden, die zum Teil sogar beliefert wurden – die Scham, hilfsbedürftig zu sein, war damals einfach zu groß. Heute sieht das ganz anders aus. Die Zeiten haben sich geändert: Im Durchschnitt, je nach Tag und Monat, kommen wöchentlich zwischen 400 und 430 Personen zur Lebensmittelbank nach St. Vith. Die Tendenz ist steigend.
"Wir sind seit 2020 von einer Krise in die andere geschlittert. Es kam Corona, es kam die Ukraine-Krise, wo viele Leute zu uns gekommen sind. Es kam die Inflation. Lebensmittel sind mittlerweile für unsere Familien ein Luxusgut, also kaum bezahlbar", sagt Marie-Hélène Düsseldorf. "Hinzu kommen die hohen Mieten und alles, was so drum ist. Wenn wir jetzt sehen, die Gesetzgebung geht ja auch wieder in Richtung, dass es wieder die Armen, die Schwächeren trifft, dann denke ich, dass im nächsten Jahr noch einiges auf uns und die Familien zukommen wird."
Kein Wunder also, dass in der Lebensmittelbank tagtäglich gearbeitet wird. Auch am Freitagmorgen sind zwei Ehrenamtliche dabei, Lebensmittel zu sortieren und vorzubereiten. Das Team arbeitet immer auf den Dienstag hin – dann findet die Ausgabe in den Räumlichkeiten an der Aachener Straße statt.
Angewiesen ist die Lebensmittelbank dabei auf Geldspenden – und vor allem auf Lebensmittel, die sie aus dem Einzelhandel erhält. "Die Geschäftsleute rufen uns an, wenn sie ein Regal geräumt haben oder wenn sie irgendwas bereitgestellt haben. Dann fährt unser Fahrer das holen – immer unter Beachtung der Kühlkette, dass die nicht unterbrochen wird. Dann wird sofort hier sortiert, eingefroren, beschriftet. Das ist so jeden Tag bis zum Dienstag, wenn der Verteiltag ist."
Gearbeitet wird also wie in einem kleinen Supermarkt. Und das muss auch so sein, denn selbst bei den Lebensmittelbanken schaut unter anderem die Lebensmittelaufsicht Afsca genau hin. Auch da hat sich in den vergangenen 25 Jahren einiges getan. "Es ist mit den Jahren schwieriger geworden. Wir haben sehr viel mehr Kontrollen. Die Bürokratie auch in der eigenen Organisation wird immer mehr. Die Gelder werden immer knapper. Wir leben bei der Lebensmittelhilfe von Spenden – sowohl von Geldspenden als auch von Sachspenden. Das Ganze zu meistern wird nicht einfacher - es wird in den nächsten Jahren bestimmt schwieriger werden."
Vor allem ist es schwierig, weil das Rote Kreuz Burg-Reuland-St. Vith nicht nur Konserven verteilen will. Das Ziel ist es, auch frisches Gemüse und andere Frischprodukte anzubieten – und das kostet Zeit und Arbeit. Aber diese Arbeit lohnt sich, da ist sich Marie-Hélène Düsseldorf sicher. "Es ist ja so, dass die Leute, die zu uns kommen, sich eine Lebensmittelbeihilfe nehmen können für die Woche. Und das Geld, was sie dadurch einsparen, das haben sie ja in der Tasche. Damit können sie was für die Kinder organisieren oder Schulmaterial kaufen oder einen Ausflug machen – oder einfach in andere Dinge investieren, die dringend benötigt werden. Und das ist ja eigentlich Sinn und Zweck des Ganzen."
Und so geht es Tag für Tag weiter in der Lebensmittelbank in St. Vith: Es wird angefragt, abgeholt, sortiert, verteilt – und auf Spenden gehofft, um auch in Zukunft allen Menschen, die es nötig haben, eine Lebensmittelhilfe zu ermöglichen. Immerhin um eine Sache muss sich Marie-Hélène Düsseldorf keine Sorgen machen: Mehr als 100 Ehrenamtliche sind in den unterschiedlichen Bereichen der Sektion aktiv – und es gibt sogar eine kleine Warteliste.
Wer die Arbeit der Lebensmittelbank in St. Vith unterstützen möchte, kann das mit einer Spende tun. Geldspenden an die Rotkreuz-Sektion Burg-Reuland-St. Vith können auf folgendes Konto überwiesen werden: BE04 0014 1476 7531
Robin Emonts