Fingerspitzengefühl ist gefragt bei den Restaurateuren am ZAWM. Eine Dessertprobe steht auf dem Stundenplan - bewertet werden dabei unter anderem das Konzept, das Aussehen und natürlich auch der Geschmack.
Hannah Wetzel arbeitet an Himbeermacarons. Wie die meisten anderen in dem Kurs hat auch sie ihre Gesellenausbildung bereits am ZAWM absolviert. Eigentlich wollte sie den Meisterbrief direkt im Anschluss machen - aufgrund der Corona-Pandemie entschied sie sich dann aber doch erst einmal für einen Auslandsaufenthalt in Österreich.
Mit vielen Erfahrungen und frischen Ideen ist sie nach Belgien zurückgekehrt. Inzwischen arbeitet sie in einem Eupener Restaurant. Gemeinsam mit einer Kollegin startet sie jetzt in das zweite Jahr der Meisterausbildung am ZAWM. "Ich habe schon vor, etwas Eigenes aufzubauen", erklärt sie. "Ich weiß aber noch nicht genau, in welche Richtung ich gehen möchte. Ich will auf jeden Fall noch ein paar Jahre Berufserfahrung sammeln. Restaurateur ist kein Beruf, in dem man sich ganz einfach selbstständig machen kann. Da braucht man schon sehr viel Fachwissen, Erfahrung und natürlich auch eine gute Idee - die ist mir bisher noch nicht gekommen. Aber ich hoffe, dass es irgendwann klappt."
In der sechsköpfigen Gruppe haben nicht alle ihren Gesellenbrief am ZAWM gemacht. Einer der Restaurateure kommt aus Deutschland. Ein weiterer Meisteranwärter, Marc Reinartz aus Amelscheid, hat seine Gesellenausbildung in Luxemburg abgeschlossen. Für den Meisterbrief hat er sich bewusst für das ZAWM entschieden. "Ich habe bis vor Kurzem noch in St. Vith gearbeitet und möchte mich bald selbstständig machen. Wenn ich die Meisterausbildung in Belgien absolviere, ist das Diplom auch in Luxemburg gültig."
Der Bonus der Meisterausbildung zum Restaurateur in der DG sei außerdem, dass sich der Lehrplan sowohl auf den Einsatz in der Küche, als auch auf den Service konzentriere, so Verena Greten, Geschäftsführerin des IAWM.
Betrachtet man das gesamte Angebot an Meisterkursen von ZAWM und IAWM, so sind die Zahlen der Einschreibungen in den letzten fünf Jahren vergleichsweise stabil geblieben. "Natürlich stellen wir Ausschläge nach oben und nach unten fest - und auch die Pandemie wird ihren Einfluss auf die Zahlen der Meisteranwärter gehabt haben, aber alles in allem können wir sagen, dass es keine großen Veränderungen gegeben hat", so ZAWM-Direktorin Claudia Thissen. "Dieses Jahr sind es zwischen 60 und 65 Personen, die in den Meisterkursen eingeschrieben sind. Manche der Anmeldeverfahren sind auch noch nicht abgeschlossen."
Im letzten Jahr haben 161 Gesellen ihre Ausbildung in der DG abgeschlossen. Bei den Meistern waren es 38. Allgemein lasse sich sagen, dass rund ein Viertel der fertigen Gesellen sich im Laufe ihrer Karriere für eine Meisterausbildung entscheidet. "Nach einer klassischen dualen Ausbildung ist man schon eine Fachkraft und hat mit Sicherheit keine Schwierigkeiten, einen Job zu finden", so Verena Greten. "Aber es heißt ja auch nicht umsonst "Meister seines Fachs werden". In der Meisterausbildung bekommen die fertigen Gesellen nochmal ein besonderes Fachwissen, ein Exzellenzwissen. Das befähigt sie natürlich dazu, danach im Betrieb noch einmal mehr Verantwortung zu übernehmen, oder natürlich auch selbstständig zu werden."
"Natürlich muss man motiviert sein, denn es ist alles nebenberuflich. Es ist nicht mehr so wie in der klassischen dualen Ausbildung, dass man im Rahmen des Lehrvertrags dann auch Zeiten für die schulische Ausbildung zur Verfügung gestellt bekommt. Das findet alles in Abend- oder Samstagskursen statt. Man sieht aber auch enorm, wie motiviert die Teilnehmer sind. Sie haben auch schon eine Ausbildung durchlaufen."
Großes Interesse besteht vor allem an den Kursen für die Schreiner und KFZ-Mechatroniker. In diesen Bereichen können fast jedes Jahr Meisterkurse angeboten werden. Das ist aber nicht in allen Branchen der Fall. Dass Kurse ausfallen müssen, ist keine Seltenheit. "Wir haben nicht jedes Jahr Metzger, Bäcker oder Restaurateure dabei", erklärt Claudia Thissen. "Dieses Jahr ist zum Beispiel auch der Meisterkurs 'Fremdenführer' zum ersten Mal wieder gestartet. Wir haben oft versucht, ihn anzubieten, aber nie genug Teilnehmer gehabt und mussten den Kurs auch teilweise kurz vor dem Beginn des Ausbildungsjahres absagen. Aber dieses Jahr ist das anders, wir sind jetzt mit einer soliden Zahl von sechs Teilnehmern in das Ausbildungsjahr gestartet. Aber ja, das ist ein Kurs, den wir fünf oder sechs Jahre wirklich nicht mehr anbieten konnten."
Neben den Gesellen- oder Meisterkursen bietet das ZAWM auch die sogenannte Level-Up-Weiterbildungsakademie an. Die dortigen Kurse sollen vor allem darauf vorbereiten, in einem Betrieb Verantwortung zu übernehmen.
Lindsay Ahn