Ständig erreichbar sein, up to date sein, nichts verpassen wollen – diesen Druck kennen viele. Ab sofort soll damit zumindest in der Schule Schluss sein.
"Das Handyverbot bedeutet nicht, dass man das Handy nicht mehr mitnehmen darf", sagt Unterrichtsminister Jérôme Franssen, "es bedeutet nur, dass man es nicht mehr nutzen darf. Wenn ein Lehrer es pädagogisch sinnvoll findet oder es medizinische Gründe gibt, darf es genutzt werden. Nur die anderweitige private Nutzung ist verboten."
Jede Schule kann selbst entscheiden, wie das Verbot genau umgesetzt wird. Die erhoffte Wirkung ist bei allen die gleiche, so Franssen: "Eine höhere Konzentrationsfähigkeit bei den Schülern, wieder mehr Gemeinsamkeit, ohne sich dabei ins Handy zu vertiefen, und drittens das Verhindern von Cybermobbing, das durch das Verbot zumindest im schulischen Bereich zurückgedrängt werden kann."
Doch was ist nach Schulende? Hängen die Schüler dann doppelt so viel wie vorher in den sozialen Medien und Co. herum? Wird mögliches Cybermobbing einfach auf die Freizeit verschoben? Auch darüber macht man sich bereits Gedanken.
Der ostbelgische EU-Abgeordnete Pascal Arimont (CSP-EVP) fordert gemeinsam mit dem Vorsitzenden von Les Engagés in ganz Europa ein Verbot von Social Media für Jugendliche unter 15 Jahren. Der CSP-Kollege und Unterrichtsminister Franssen hält zumindest die Diskussion über eine Altersbeschränkung für angebracht, denn Social Media könne für Jugendliche schnell gefährlich werden.
Es ist allerdings auch ein weitläufiges und vor allem juristisch sehr kompliziertes Thema, betont er. Punkte wie das Recht auf Meinungsäußerung spielen eine nicht unwichtige Rolle. Die Entscheidung darüber liegt nicht in der Hand des Unterrichtsministers und ist auch auf Staatsebene nicht einfach so getroffen. Aktuell steht wohl nur fest: Während der Schulzeit ist der Handystress für unsere Jugendlichen erst einmal vorbei.
Annika Deist
Das Handyverbot ist sicher ein sinnvoller Schritt, um die Konzentration und das Miteinander zu fördern. Allerdings gibt es ein weiteres Problem, das mindestens genauso wichtig ist: Die Kommunikation über Plattformen wie Teams führt dazu, dass Schul- und Freizeit immer mehr verschwimmen. Es kommt nicht selten vor, dass Lehrkräfte nach Schulschluss oder am Wochenende Aufgaben verschicken, neue Abgabetermine festlegen oder sogar Abgaben außerhalb der regulären Schulzeiten erwarten – oft, weil im Unterricht nicht genug Zeit war. Das führt wiederum dazu, dass auch Schülerinnen und Schüler beginnen, außerhalb der Schulzeit mit den Lehrkräften zu kommunizieren, um Fragen zu klären oder Ergebnisse vorzeitig einzureichen. So entsteht ein ständiger Druck, immer erreichbar zu sein. Klare Regeln für die Kommunikation und die Festlegung von Abgabeterminen ausschließlich während der Schulzeit wären ein wichtiger Schritt, um wieder mehr Struktur und Planbarkeit zu schaffen....für beide Seiten.