Dass in der Natur im Norden Luxemburgs mal tonnenschwere Eisenbahnzüge rollten, kann man sich heute nur noch schwer vorstellen. Die Natur hat die Überreste der Bahntrasse zum Teil regelrecht verschlungen. Und der 790 Meter lange Tunnel ist längst von Fledermäusen erobert worden.
"Von den in Mitteleuropa 30 vorkommenden Fledermausarten können wir feststellen, dass in Belgien bisher 24 Arten festgestellt wurden und in Luxemburg 19", sagt Alain Klein, Biologe vom Naturpark Our. "Wenn man von diesen Zahlen ausgeht und dann auch noch weiß, dass hier im Fledermaustunnel zwischen 2011 und 2013 elf Fledermausarten festgestellt wurden, weiß man, dass das die Hälfte von den in Belgien und Luxemburg vorkommenden Arten ist - und mehr als ein Drittel der Arten, die in ganz Mitteleuropa vorkommen."
Im Sommer wird der Tunnel vor allem von Männchen genutzt, erklärt Klein. "Im späten August, im September und Oktober werden dann andere Männchen und Weibchen hinzustoßen. Und dann fängt die sogenannte Schwarmzeit an. Beim Schwärmen paaren sich die Fledermäuse und sie sind dann auch aktiv auf der Suche nach passenden Winterquartieren wie zum Beispiel in Form des Fledermaustunnels."
Und wenn man einen Blick in den Tunnel werfen würde, was würde man dann zu Gesicht bekommen? "Innerhalb des Tunnels stellt man sehr viele Risse und Spalten fest. Da verkriechen sich dann die Fledermäuse. Also wenn man reingehen würde, würde man nicht wie bei Batman eine Decke voller Fledermäuse sehen, sondern die sind dann doch sehr versteckt, aber da."
1962 fuhr der letzte Zug
1889 wurde der Bau des Tunnels abgeschlossen - als Teil der Vennbahn. Transportiert wurden vor allem Kohle und Eisenerz. Doch all das ist lange her. "Das fand statt bis in die 60er Jahre. 1962 fuhr dann der letzte Zug durch den Tunnel bei Huldange", so Klein. Zugänglich ist der Tunnel heute nur noch für Fledermäuse. 50 Meter vor dem Eingang sind Schutzgitter angebracht. Denn die Tiere, die als gefährdet eingestuft werden, sollen nicht gestört werden.
"Von den 19 Arten, die bisher hier festgestellt wurden, sind alle auch auf der Roten Liste vermerkt. So weiß man, dass es allen Fledermausarten nicht gut geht und einigen besonders schlecht. Deshalb sind diese Rückzugsmöglichkeiten wie der Fledermaustunnel in Huldange sehr wichtig, um den Tieren passende Quartiere anzubieten - in einer Zeit, wo viele andere Quartiere durch die menschliche Nutzung nicht mehr für die Fledermäuse nutzbar sind", erklärt der Biologe.

Ursprünglich war geplant, den Vennbahn-Radweg auch durch den Tunnel in Huldange zu führen. "Ein Großteil der Vennbahn zwischen Aachen und Troisvierges wurde auf belgischer Seite schon als Fahrradweg erschlossen. Und dann wollte man um 2010 herum den letzten Anschluss auf luxemburgischer Seite fertigstellen. Die Idee war am Anfang, als kleines Highlight auch, die Radpiste durch den Tunnel zu führen", sagt Klein. Dazu kam es nicht. Und zwar zum Wohl der Fledermäuse. Denn sogenannte naturschutzfachliche Prüfungen, die zwischen 2011 und 2013 durchgeführt wurden, unterstrichen die Bedeutung des Tunnels als Lebensraum für die Tiere.
"Daraufhin hat man sich zusammengesetzt auf belgischer und luxemburgischer Seite - Gemeindeverantwortliche, Tourismusverantwortliche, Straßenbauämter, Naturschutzorganisationen - um zu gucken: Was kann man jetzt machen, damit diese Radpiste trotzdem entstehen kann und der Tunnel trotzdem in Wert gesetzt wird?"
Die Lösung war eine Umleitung des Vennbahn-Radweges. Zudem entstand 2015 ein Erlebnispfad mit Informationstafeln, Informationssäulen und Hörstationen, um die Biologie der Fledermäuse und die Geschichte der Vennbahn weiterzugeben. So kommen Tiere und Radfahrer zu ihrem Recht.
Moritz Korff