In einer Sache waren sich die PDG-Fraktionen einig: Auf die ÖSHZ in der Deutschsprachigen Gemeinschaft wird mit der Reform des Arbeitslosengeldes einiges zukommen - in personeller, aber auch in finanzieller Hinsicht.
"Wer den Anspruch auf Arbeitslosengeld verliert, kann jederzeit einen Antrag auf Eingliederungseinkommen stellen. Und auch, wenn hier strengere Bedingungen gelten, ist davon auszugehen, dass die Menge an Personen, die Eingliederungseinkommen beziehen werden, ansteigen wird. Und da hier sowohl der Föderalstaat als auch die ÖSHZ für die Finanzierung zuständig sind, werden die finanziellen Belastungen für die ÖSHZ steigen und schlussendlich die der Gemeinden, die das Defizit der ÖSHZ tragen", erklärte Liesa Scholzen von der ProDG-Fraktion.
Zwischen Januar 2026 und Juli 2027 werden voraussichtlich 937 Personen auf die Hilfe der Öffentlichen Sozialhilfezentren zurückgreifen müssen. Vor allem die Nordgemeinden werden betroffen sein - 81 Prozent der Personen verteilen sich auf Eupen, Kelmis, Raeren und Lontzen. Da die Reform wahrscheinlich im Januar 2026 in Kraft tritt, lag bei der Plenarsitzung am Montagabend auch ein begründeter Antrag aus der Feder von ProDG, CSP, PFF, Ecolo und SP auf dem Tisch. Darin sind unter anderem auch Forderungen an die Föderalregierung aufgeführt - so soll die Arizona-Regierung die ÖSHZ unterstützen - auch in finanzieller Form. Die Vivant-Fraktion fand den Schritt voreilig.
"Dass die Föderalregierung die Reform auch finanziell kompensieren muss, ist klar. Damit sind wir auch einverstanden, aber es handelt sich aktuell um hypothetische Zahlen, und wir wissen einfach noch nicht, wie viele Personen einen Job finden, ein Eingliederungseinkommen beantragen und beziehen werden. Oder wie viele weder einen Job finden, noch Anrecht auf ein Eingliederungseinkommen haben werden. Wir wissen nicht genug, um noch mehr zu fordern", so Diana Stiel.
Die Mehrheitsfraktionen sowie Ecolo und SP sahen das anders - viel Zeit bleibe nicht mehr, so Stephanie Pauels - und einige Bevölkerungsgruppen müssten besonders geschützt werden: "Denn Fakt ist, dass Frauen aufgrund ihrer diskontinuierlichen Berufslaufbahn, der vermehrten Inanspruchnahme von Teilzeitarbeit und der immer noch überwiegenden Übernahme von Hausarbeit stärker gefährdet sind als andere Personengruppen. Fakt ist auch, dass in Belgien 60 Prozent der Langzeitkranken Frauen sind. Es muss also sichergestellt werden, dass Maßnahmen, deren Zielsetzung durchaus als legitim betrachtet werden können, nicht zu einer Prekarisierung bestimmter Personengruppen führen."
Doch auch innerhalb der Gruppe der Antragssteller brodelte es während der Debatte. Während die Mehrheitsparteien anführten, dass Maßnahmen wie die Kürzung des Arbeitslosengeldes durchaus notwendig seien - zum Beispiel um einen Teil der Arbeitslosen zurück in die Arbeit zu führen, kritisierte Andreas Jerusalem die Föderalregierung scharf. Die Reform werde nur zu einer Neid-Debatte führen.
"Den 'fleißigen, ehrlichen' Arbeitnehmern bringt das Ganze überhaupt nichts. Sie haben immer noch genau so viel Netto wie vorher, aber zumindest haben die Arbeitslosen etwas weniger in der Tasche... Moment mal - habe ich gerade von 'faulen Arbeitslosen' gesprochen? Das wäre ja ziemlich dreist und vermessen von mir und das zeigen auch Ihre Reaktionen, weil es so wirkte, also wollte ich den Arizona-Parteien in Brüssel diese Haltung vorwerfen. Seien Sie versichert, genau das wollte ich", sagte Jerusalem.
Mit einer, wie er selbst zugab, provokanten und überspitzen Rede, erntete der Ecolo-Abgeordnete Gegenwind von den Mehrheitsfraktionen, so auch von der PFF-Abgeordneten Evelyn Jadin: "Herr Jerusalem - ich lasse mir von Ihnen nicht vorwerfen, dass ich eine unehrliche Politik unterstütze oder Neid-Politik betreibe."
Trotz der zeitweise hitzigen Debatte endete die Plenarsitzung auf einer versöhnlichen Note. Denn alle Antragssteller waren sich einig, dass es in erster Linie darum gehe, die Folgen der Reform so gut wie möglich aufzufangen. In Zukunft soll ein noch engerer Austausch mit den ÖSHZ stattfinden. Außerdem soll der Sozialberuf durch verschiedene Maßnahmen attraktiver werden. Der Antrag wurde mit 17 Ja-Stimmen beschlossen.
Unterricht und Ausbildung
Zudem stimmte das PDG über das neue Maßnahmendekret im Unterrichts- und Ausbildungswesen ab. Zu den Neuerungen gehören unter anderem eine mögliche Laufbahnunterbrechung für die Mitarbeiter von DGG Service und Logistik (DGSL) sowie verschiedene Regelungen für das reformierte Grundschullehramtsstudium an der AHS. Das Maßnahmenpaket wurde mit den Stimmen der Mehrheit verabschiedet.
WFG
Auch der vierte Nachtrag zum Geschäftsführungsvertrag mit der WFG war Thema in der Plenarsitzung. Im Hinblick auf die Reform des Raumordnungsgesetzes wird die WFG mit der Dokumentation der Gewerbeflächen beauftragt und soll zu diesem Zweck auch ein Tool erstellen. Für das Jahr 2025 wird die WFG dafür mit 150.000 Euro bezuschusst.
Grundsätzlich begrüßte die Vivant-Fraktion die Dokumentation und Strukturierung von Gewerbeflächen, hinterfragte jedoch, ob man das Ganze nicht auch anders - und vor allem günstiger - hätte umsetzen können. Auch Ecolo hat sich bei der Abstimmung enthalten. Der Nachtrag wurde mit den Stimmen der Mehrheit beschlossen.
Lindsay Ahn
Ich frag mich, was das Ganze kürzen von Arbeitslosengeld bringen soll, wenn die Leute dann eben zum Sozialdienst wandern.
Eigentlich wird nur umgeschichtet. Davon wird nicht ein einziger Mensch mehr arbeiten gehen, wenn er keine Lust dazu hat.
Die Leute, die tatsächlich arbeiten könnten, es aber nicht machen, interessiert es herzlich wenig, von wo sie letztendlich ihr Geld herbekommen. Die sitzen fein auf den Terassen,während andere mit ihren Steuern den Kaffee bezahlen dürfen, und dafür noch ausgelacht werden