Es wird unter Autos gekrabbelt, an Reifen geschraubt und Türen werden lackiert. In der Autokarosserie Stickelmann in Walhorn wird ordentlich angepackt. Mittendrin - mit einem Poliertuch in der Hand - ist Ben Olbertz. Innerhalb einer Woche versucht er herauszufinden, ob der Job in einer Autokarosserie für ihn das Richtige wäre.
Bis jetzt ist Ben die endgültige Entscheidung für einen Berufsweg nicht leicht gefallen - das Sommerschnuppern kam wie gerufen. "Ich bin das Paradebeispiel: 22 Jahre alt und immer noch nichts gefunden. Es ist sehr schwer, denn es gibt mittlerweile so viel Auswahl oder dir fehlen die finanziellen Mittel für ein Studium deiner Wahl. Aber genau deswegen finde ich die Schnupperwochen perfekt. Du kannst wirklich alles ausprobieren und dir wird alles gezeigt."
Ben ist mehr als zufrieden mit seiner Wahl und mit dem, was er alles mitnehmen kann. Zu seinen Aufgaben gehören: Scheinwerfer schleifen, polieren, Einzelteile anbauen oder Reifen wechseln.
Die Auswahl möglicher Berufe, in die man reinschauen kann, ist beim Sommerschnuppern groß: von Kfz über Ernährung bis hin zu Holz. Das Angebot des Schnupperns ist allerdings nicht nur für mögliche Azubis interessant, sondern auch für Firmen. Diesen macht vor allem der Fachkräftemangel zu schaffen, sagt Frederic Stickelmann, Geschäftsführer der Karosserie Stickelmann.
"Wir sind natürlich immer froh, wenn wir geeignete Kandidaten finden. Motivierte, talentierte Menschen, die Lust auf ihren Beruf haben. Vor ein paar Jahren hatte man fünf oder sechs Bewerber, jetzt gibt es auch Jahre, in denen wir gar keinen Lehrling finden."
Wie lange in einen Betrieb geschnuppert wird, kann jeder selbst entscheiden. Am Ende können beide Seiten eine Wahl treffen und entscheiden, ob es zwischen ihnen passt oder nicht. Wer besonders erfolgreich schnuppert, der geht am Ende sogar mit einem Ausbildungsvertrag in der Tasche nach Hause. Auch für Ben sieht es gar nicht mal schlecht aus, so Frederic Stickelmann. "Ben ist ein sehr guter Kandidat. Sehr motiviert, pünktlich, fleißig, stellt Fragen und scheut sich auch nicht vor eher unbeliebten Aufgaben. Er würde gut zu uns passen."
Die aktuelle Runde des Sommerschnupperns geht noch bis zum 4. Juli. Mitte August werden vom IAWM nochmal zwei Wochen Schnuppern angeboten. Mehr Infos gibt es auf der Webseite des IAWM.
Annika Deist
Job ist steht als Kürzel für „just over broke“ = sinngemäß „reicht gerade so zum Überleben“ = Tagelöhner. Kommt aus dem amerikanischen Wirtschaftsraum. Ein Beruf ist das Gegenteil von einem Job. Einer „Berufung“ nachzugehen bedeutet eine innere Haltung dahingehend zu haben, seine Arbeit gerne zu machen, seinen Kopf einzuschalten. Damit gelingt die so ausgeübte Tätigkeit meistens auch gut - die Arbeit einer Fachkraft, die weiß, was sie gerade tut. Für einen „Job“ braucht es keinen inneren Bezug und spezielle Fähigkeiten oder Wissen. „Jobs“ sind austauschbare Menschenware und schlecht bezahlte obendrein, d.h. „kostengünstige“ Mitarbeiter aus der Sicht der jeweiligen Direktion. Sie müssen sich in ihrer arbeitsteiligen Gesellschaft entscheiden: Wollen Sie Fachkräfte oder wollen Sie Jobs?