Bereits um 7 Uhr morgens startet der Tag im Empfangszentrum Belle-Vue mit einer Teambesprechung. Die Nachtschicht übergibt an die Frühschicht und berichtet von einer ruhigen Nacht – abgesehen von einem Fall von Verdacht auf Magen-Darm-Grippe. Im Zentrum gibt es 104 Plätze, die derzeit fast vollständig belegt sind.
Die Bewohner stammen aus rund 30 verschiedenen Ländern, weiß Erzieher und Rot-Kreuz-Begleiter Christian Djiozang. "Wir sind auch multikulturell in unserem Team. Das ist unsere Kraft. Wir haben Kollegen, die Spanisch, Italienisch, Deutsch, Französisch und Englisch sprechen. Es gibt Bewohner, die nach Belgien gekommen sind, die kein Deutsch, Französisch oder Englisch können. Da brauchen wir Übersetzer. Aber sonst finden wir immer eine Lösung."
Nach der morgendlichen Besprechung geht Christian Djiozang in den sogenannten Mena-Trakt. Hier schlafen die minderjährigen Jugendlichen ausländischer Herkunft, die ohne ihre Eltern in Belgien angekommen sind. Christian sorgt dafür, dass alle zur Schule gehen und medizinische Termine wahrnehmen – wie etwa die geplante Blutabnahme eines Bewohners an diesem Morgen.
In der Küche frühstücken währenddessen schon einige Kinder. Früher sorgte ein Catering-Betrieb für die Tagesmahlzeiten. Heute kann jede Familie für sich selbst kochen. Es gibt eigene Kühl- und Aufbewahrungsschränke für die Bewohner. Eine bewusste Entscheidung, wie Djiozang erklärt. "Das ist auch gut für uns. Wir machen Autonomiearbeit für die Bewohner. Wir zeigen wie das geht, wo man einkaufen kann und wie das funktioniert in Belgien."
Wer das Gebäude betritt oder verlässt – auch die Kinder – muss sich per Code registrieren. Der Schulweg wird zu Fuß oder mit dem Bus zurückgelegt, etwa nach Welkenraedt oder Verviers. Ein Jugendlicher wird von Christian zur Blutabnahme gebracht. Die Schule ist informiert, Christian hat sie schon angerufen.
Um 9 Uhr steht die nächste Teambesprechung an. Neben organisatorischen Fragen geht es auch um psychische Belastungen der Kinder und Jugendlichen. Tagsüber ist es im Zentrum eher ruhig – am Abend füllt sich das Haus wieder mit Leben.

Es ist schwer, das Leben der Geflüchteten in seiner ganzen Tiefe nachvollziehen. Christian Djiozang, der für die Jüngeren so etwas wie ein großer Bruder ist, findet immer den richtigen Ton. Die Jugendlichen respektieren ihn, ohne Angst zu haben. "Man bekommt, was man gibt", sagt er – und wünscht sich auch von der Bevölkerung mehr Offenheit gegenüber den Geflüchteten.
Die Direktorin des Rot-Kreuz-Empfangszentrums Valeska Nix ist seit 15 Jahren dabei. Sie kennt die Entwicklung des Hauses wie keine andere. "Für mich ist das Zentrum in den 15 Jahren sehr gut in Eupen am Eichenberg angekommen. Wir haben ganz viele verschiedene Partner, um den Personen die hier leben, auch Perspektiven zu schaffen. Ich denke da an Schule, Erwachsenenbildung und auch kulturelle Aktivitäten. Da gibt es viel Kontakt, der entsteht."
Manuel Zimmermann