Der St. Vither Turnverein hat am vergangenen Wochenende seinen 130. Geburtstag gefeiert. Der Turnverein zählt heute rund 300 Mitglieder und fast 30 Ehrenamtliche. Das Angebot sei vielfältig und spreche alle Altersgruppen an, sagt Präsidentin Sandra Henkes. "Wir haben Tanzgruppen, rhythmische Sportgymnastik, wir haben die Gesundheitsturner. Damen über 55 sind bei uns im Verein auch herzlich willkommen."
"Dann gibt es auch unsere FDN-Gruppe, die 'Freunde der Nacht'. Das ist eine Herrengruppe, die donnerstags hier im Sportzentrum trainiert. Unsere Jüngsten sind drei, unsere Ältesten sind über 60. Das ist ganz klar die Verbindung, die der Turnsport mit sich bringt."
Das Training hat sich im Laufe der Zeit erheblich gewandelt: Durch neues Material lerne man leichter, das verbessere die Leistung, weiß die ehemalige Trainerin Patrice Terren.
In der großen Geburtstags-Show konnten alle Gruppen zeigen, was sie können. Die Auftritte passten zu den Meilensteinen der Vereinsgeschichte.
Zu Gründungszeiten erlebte der Breitensport europaweit einen Aufschwung. Auch in St. Vith sucht ein Komitee nach interessierten Männern, um einen Turnverein zu gründen. Geturnt wurde an Barren und Reck, auch die "Freiübungen" waren damals beliebt.
Wie genau sich die Anfänge gestalteten, ist nicht ganz klar - die ersten Eintragungen im alten Protokollbuch des Vereins starten erst zwei Jahre später. Die weitere Vereinsgeschichte ist mittlerweile recht gut dokumentiert und diente als Basis für die Vorbereitung der Show.
"Eine große Hilfe war das Buch, das Guido Arimont zum 100-jährigen Bestehen 1995 herausgebracht hat. Er hat immens viel recherchiert. Wir haben ein altes Protokollbuch von 1897, das liegt uns vor. Mittlerweile liegt es im ZVS-Museum", sagt Isabel Gillessen, die Vize-Präsidentin des Vereins.
Aus heutiger Sicht verblüffend: Kern des Vereins war eine Herrengruppe, die gern wanderte und sang. Nicht die einzige Überraschung, die Guido Arimonts Recherchen zutage gefördert haben. "Zur preußischen Zeit waren alle Vereine nationalistisch. Das wichtigste Fest war Kaisers Geburtstag", merkt Guido Arimont an. "Nach dem Krieg wurde das eins zu eins ersetzt durch den Geburtstag des Generalleutnants Baltia, man fuhr nach Malmedy zu diesem Geburtstag. Das hatten Historiker zum Beispiel gar nicht gewusst."
Wie die Region hatte auch der Verein nach dem Zweiten Weltkrieg einen schwierigen Neustart. Geturnt wurde in den verschiedenen Sälen der Stadt, erst in den 1950er Jahren konnten Kellerräume der Städtischen Volksschule genutzt werden.
Die Problematik um geeignete Trainingsräume zieht sich offenbar wie ein roter Faden durch die Vereinsgeschichte. Um gute Trainingsbedingungen zu schaffen, plant der Verein inzwischen den Bau einer eigenen Trainingshalle. Die Finanzierung konnte jeder am Wochenende durch den Kauf eines symbolischen Legosteins unterstützen. Damit will der Verein fit für die Zukunft werden.
Gaby Zeimers