Es hat etwas gedauert von der Auswahl des Themas Integration vor gut zwei Jahren bis jetzt zum (vorläufigen) Abschluss. Im Frühjahr 2023 hatten die Mitglieder der fünften Bürgerversammlung Experten angehört und ihre Empfehlungen an die Politik formuliert - seitdem wurde darüber im beiderseitigen Austausch und in den Ausschüssen weiter beraten. Dazwischen lagen die Wahlen vom 9. Juni 2024 mit in der Folge neuen Abgeordneten und neuen Ministern.
"Heute ist es endlich soweit. Wir und die Mitglieder der Bürgerversammlung können erneut persönlich mit den Entscheidungsträgern zur Umsetzung der Empfehlungen debattieren. Aus Sicht des Bürgerrates sollte die heutige Abschlusssitzung jedoch nicht als solche, sondern eher als Zwischenstand der Dinge angesehen werden", sagt Sven Hartmann.
Sven Hartmann aus Raeren war Mitglied der fünften Bürgerversammlung und gehört inzwischen dem Bürgerrat an, der den Bürgerdialog organisiert. Die Erfahrung insgesamt beschreibt er als "wahnsinnig spannend, weil wir aus der Gruppe, die wir waren - 30 Menschen aus der breiten Bevölkerung, die durch Wahl ausgelost worden sind - letztendlich einen Konsens gefunden haben, obwohl wir ganz unterschiedliche Ansichten hatten und aus ganz unterschiedlichen Berufs- und Bildungsgruppen kamen. Am Ende des Tages haben wir immer irgendwo einen Konsens gefunden und diese 27 Themen erarbeitet."
Neben Sven Hartmann sitzt Christiane Berlin aus Eupen im Bürgerrat und an diesem Abend auch im Plenarssal des PDG. "Zum Ersten finde ich es sehr schön, dass wir als Bürger dadurch auch ein neues Sprachrohr bekommen. Wir können uns aktiv an Politik beteiligen, mitgestalten durch die Empfehlungen. Das finde ich sehr, sehr schön, sehr interessant. Gleichzeitig wurden die Empfehlungen durchweg gut aufgenommen und man sieht auch, dass sie bearbeitet werden. Es ist nicht einfach nur, um den Bürger - sag ich jetzt mal - zu bespaßen, sondern es gibt auch eine Richtung, es wird umgesetzt, es wird daran gearbeitet und das ist ein schöner Prozess."
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Nach informellen Zwischentreffen werden bei dieser Sitzung die Schlussfolgerungen und eben deren bisher erfolgte Umsetzung besprochen. "Es ist so, dass wir einiges anstoßen konnten, Bestehendes nochmal transparenter wurde oder Dinge, die schon da waren, aufgestockt wurden, wie Info-Integration", sagt Christiane Berlin.
"Es kam aus allen Richtungen Zustimmung und letztendlich auch konstruktive Vorschläge, wie man es verändern kann. Natürlich gibt es immer das eine oder andere, wo man sagt, da ist man nicht glücklich und zufrieden mit. Trotzdem sind es Kompromisse, die man letztendlich eingeht. Wenn ich 27 Vorschläge mache, kann ich nicht erwarten, dass alle 27 Vorschläge umgesetzt werden", findet Sven Hartmann.
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Der eine oder andere Vorschlag in Sachen Asylverfahren ging auch über die Zuständigkeit der Deutschsprachigen Gemeinschaft hinaus. Angeregt wurde auch eine mögliche Resolution des PDG - wobei der aktuelle Kontext nicht sehr viel Hoffnung mache, räumte etwa die Ecolo-Abgeordnete Fabienne Colling ein. Einig waren sich alle Beteiligten aber auch darin, dass dieses Thema trotz des vorgelegten Abschlussberichts aus Sicht der Bürgerrats und des PDG nicht abgeschlossen sei. "Nein, das kann ja nicht zu Ende sein, weil Integration letztendlich ein fortlaufender Prozess ist und wir immer wieder Menschen in Ostbelgien haben werden, die integriert werden müssen", so Hartmann.
Das mit dem fortlaufenden Prozess gilt im gleichen Maße für den Bürgerdialog, der politische Teilhabe auch unabhängig vom Ergebnis fördert. "Ich glaube, dass der Bürgerdialog einfach sehr gut funktionieren kann und die Nähe, die wir dann auch haben zu den Politikern, uns eben diese Möglichkeit gibt, aktiv mitzugestalten. Und darum würde ich das auch jedem empfehlen, der eine Einladung bekommt: Macht es", rät Christiane Berlin.
Stephan Pesch
Das nennt man... Scheindemokratie