Die Schäden fallen unmittelbar ins Auge: Risse im Gemäuer, der Putz bröckelt ab, auch die Fenster sind in einem schlechten Zustand. Die Trauerhalle auf dem jüdischen Friedhof in Aachen ist in die Jahre gekommen. Und manche Schäden sind auch nur Fachleuten ersichtlich.
"Hier geht es wirklich um die Substanz, um die Fundamentierung, die wir verstärken müssen, um die Außenmauern, um die Bleiverglasung, um das Dach vor allem. Dass es hier wieder trocken ist und dass hier dann auch Trauerfeiern und andere Gemeinschaftszusammenkünfte wieder stattfinden können", sagt Aachens Oberbürgermeisterin Sibylle Keupen.
Bei der Sanierung, die Ende 2026 abgeschlossen sein soll, könnte an der Decke der Trauerhalle sogar ein Kunstwerk zum Vorschein kommen, erklärt Friedrich Thul, der Geschäftsführer der Jüdischen Gemeinde Aachen: "Die Decke ist hier irgendwann mal vor geraumer Zeit abgehangen worden. Unter dieser Decke soll sich eine Malerei von Max Lazarus befinden. Er hat häufig jüdische Trauerhallen ausgemalt. Dies ist die einzige, bei der man noch die Hoffnung hat, dass wir da noch ein Gemälde finden, weil alle anderen Trauerhallen in der NS-Zeit zerstört worden sind", so Thul.
Es ist höchste Zeit, die Sanierung zu beginnen, verdeutlicht Luzie Edelhoff, die bei der Stadt Aachen für die Baudenkmalpflege zuständig ist. "Die Schäden am Dach werden zu weiteren Schäden an dieser Malerei führen", sagt sie. "Wir hoffen natürlich, dass die im Moment noch einigermaßen intakt ist und in Teilen zumindest noch vorhanden ist. Dafür ist es wichtig, dass das Dach zeitnah instandgesetzt wird", unterstreicht Edelhoff.
Die Denkmalschützer stehen vor der Herausforderung, das Wesen der Trauerhalle trotz baulicher Maßnahmen möglichst nicht zu verändern. "Ziel ist, dass sie den Charakter behält. Das ist ja auch der Denkmalwert daran, dass sie ein Zeugnis der Geschichte ist und immer noch ablesbar ist, wie dieses Gebäude 1899 mal errichtet wurde. Das heißt: Behutsame Sanierung des Vorhandenen, Instandsetzung und Schadensbehebung", so Edelhoff.
Neben der Trauerhalle sollen auch das ehemalige Friedhofswärterhaus, die Friedhofsmauer und der Eingangsbereich mit Tor, Torbogen und Treppe saniert werden. Damit soll der langfristige Erhalt der baulichen Anlagen auf dem Friedhof gewährleistet werden, der als bedeutendes Aachener Denkmal eingeschätzt wird.
"Dieser Friedhof ist 200 Jahre alt und jüdisches Leben in Aachen ist seit Jahrhunderten ein wichtiger Teil der Stadt und von daher: Natürlich auch ein Friedhof gehört zum Leben dazu. Neben der Synagoge, die in Aachen auch nach dem Krieg wieder aufgebaut wurde. Von daher ist jüdisches Leben präsent und mitten in der Stadtgesellschaft verankert", erklärt Oberbürgermeisterin Keupen.
Der jüdische Friedhof in Aachen hat die NS-Zeit verhältnismäßig unbeschadet überstanden. Das, so sagt Keupen, sei auch dem Engagement der Stadtgesellschaft zu verdanken, die sich immer auch schützend vor das jüdische Leben gestellt habe.
Moritz Korff