Der Europäische Investitionsfonds (EIF) gehört zusammen mit der Europäischen Investitionsbank (EIB) zur sogenannten Europäischen Investitionsbank-Gruppe. "Zusammen ist das der Finanzarm der Europäischen Union", erklärt der scheidende stellvertretende Geschäftsführer des Europäischen Investitionsfonds, Roger Havenith. "Das heißt, das sind diejenigen, die die Politik umsetzen in Finanzierungsinstrumente und konkrete Unterstützung für Unternehmen."
Die Europäische Investitionsbank ist dabei die größte multilaterale Institution weltweit, betont Havenith. Hier spreche man pro Jahr von einem Finanzierungsvolumen von etwa 600 Milliarden Euro, das aufgenommen und an Betriebe weitergereicht werde. Der Hauptschwerpunkt für die EIB seien Kredite.
Der Europäische Investitionsfonds sei im Vergleich dazu viel kleiner. "Auftrag hier ist, sich erstmal mit den ganz kleinen Betrieben zu befassen, also mit den sogenannten Kleinen und Mittleren Unternehmen. Das seien also Unternehmen mit bis zu 250 Beschäftigten, aber im Schnitt gehe es sehr oft auch um sehr kleine Betriebe mit weniger als zehn Angestellten.
Die Arbeit der EIF sei komplementär zu dem, was die EIB mache. Der Fonds habe im Prinzip zwei Standbeine, erklärt Havenith: Zum einen finanziere der EIF hochinnovative Gründerunternehmen aus den verschiedensten Bereichen. Also zum Beispiel aus den Bereichen Wettbewerbsfähigkeit, Innovation und Spitzentechnologien. Es gehe aber durchaus auch um Unternehmen, die im Bereich Soziales einen Impact hätten. Und dann seien da auch Betriebe, die mit Nachhaltigkeit und Klima zu tun hätten.
Das zweite Standbein seien Bürgschaften. "In diesem Bereich ist man sehr aktiv", betont Havenith, man habe bereits etwa zwei Millionen Betriebe unterstützt. Dazu arbeite man eng zusammen mit diversen Banken der öffentlichen Hand aber auch mit kommerziellen Banken. "Der Schwerpunkt ist, kleinen Unternehmen, die es ziemlich schwierig hätten, an Kredite zu kommen, zu helfen."
Da gehe es dann etwa darum, dafür zu sorgen, dass günstige und vernünftige Kreditkonditionen auch tatsächlich bei den KMU ankämen. Von sich aus seien die meisten Banken nicht unbedingt sehr interessiert daran, KMU zu unterstützen. Das habe beispielsweise damit zu tun, dass Banken über kleine Unternehmen viel weniger wüssten als etwa über Großkonzerne. In diesem Kontext spreche man von Informationsasymmetrien. Und dann gehe es schlicht um den Aufwand in Relation zur Kreditsumme. Wenn der gleiche Aufwand betrieben werden müsse für einen Kredit von 50.000 Euro wie für 20 Millionen, dann schauten sich die Banken natürlich lieber erst den dicken Fisch an.
Was der EIF wolle, das sei, diese Asymetrie zumindest zum Teil wieder abzubauen, erklärt Havenith. Dadurch dass der Investitionsfonds gemeinsam mit der Bank gewisse Risiken übernehme, solle die Bank dazu veranlasst werden, sich auch um die kleinen Unternehmen zu kümmern.
Gemeinsam mit der Europäischen Investitionsbank und der Europäischen Kommission entwickelt der Europäische Investitionsfonds Finanzierungsinstrumente für bestimmte Zielgruppen, fügt Havenith noch hinzu.
Es werde jetzt mehr und mehr in gewisse Thematiken investiert, die für Europa zukunftsträchtig seien. Also Bereiche, bei denen man der Meinung sei, dass man dort präsent sein müsse, damit Europa in der Zukunft eine führende Rolle spielen könne. Die großen Kernbereiche, um die es dabei gehe, seien die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen, Innovation, Kohäsion und Soziales, Kultur, Nachhaltigkeit und Klimawandel. Und das werde dann noch weiter runtergebrochen beziehungsweise in Kriterien gefasst. Und diese Kriterien würden dann eben berücksichtigt, wenn es um die Frage gehe, was gefördert werden könne.
Roger Havenith im Porträt
Insgesamt neun Jahre ist Roger Havenith beim Europäischen Investitionsfonds EIF tätig gewesen. Eine Zeit, in der sich seine Aufgaben und Verantwortungen natürlich teilweise auch stark verändert haben. Und auch vor seiner Arbeit beim EIF hat sich Havenith für die EU unter anderem mit dem Thema Finanzinstrumente beschäftigt: "Vorher war ich 26 Jahre bei der Europäischen Kommission und habe dort die Finanzierungsinstrumente mit aufgebaut", erzählt Havenith. Er sei dabei für die KMU verantwortlich gewesen.
Aber blicken wir zunächst auf die Anfänge zurück. "Ich bin in Eupen geboren, aufgewachsen und zur Schule gegangen." Anschließend habe er dann in Brüssel studiert.
Aber wer jetzt glaubt, dass der junge Roger Havenith von Anfang an den festen Plan gehabt habe, Karriere bei der EU zu machen, der irrt. So einen Plan habe er absolut nicht gehabt. Er habe verschiedene Ausbildungen gemacht – jede davon hätte ihn in eine andere Richtung bringen können. Und letzten Endes hätten sie sich auch alle als sinnvoll erwiesen, weil er sie irgendwann habe brauchen können. Er sei unter anderem Dolmetscher und habe auch Computerlinguistik gemacht. Das sei auch sein erster Job gewesen, in den Vereinigten Staaten, in einem Start-Up-Unternehmen. Das habe ihm auch enorm Spaß gemacht. Danach habe er zu einer Bank gewechselt und habe dort seinen Abschluss in Betriebswirtschaftslehre zu Ende gebracht. Und zwischenzeitlich habe er auch noch Europäische Politik studiert und seinen Magister in Völkerrecht gemacht.
Einen Mangel an unterschiedlichen Interessen beziehungsweise nicht breit genug gefächerte Qualifikationen kann man das sicher nicht nennen. Dazu kam dann noch das richtige Jobangebot zur richtigen Zeit. Wobei es weniger ein klassisches Angebot, als vielmehr eine der berühmten EU-Ausschreibungen war. Es sei eine Ausschreibung in dem Bereich gewesen, in dem er in den USA gearbeitet hatte, führt Havenith aus. Und da habe er sich gegen Tausende Mitbewerber durchgesetzt am Ende und sei dadurch bei der EU im Bereich Forschung gelandet. Und dort habe er dann viele Jahre gearbeitet.
Aber auch hier hielt es Havenith nicht super-lange. "Irgendwann habe ich mir gesagt: Ich habe doch auch Finanzen studiert - das wäre doch auch mal nett. Und dann ging es irgendwann los mit den Finanzierungsinstrumenten. Da habe ich mich dann eingebracht und das über viele Jahre gemeinsam mit Kollegen mitaufgebaut."
Womit wir eben letztlich beim Kapitel Europäischer Investitionsfonds angekommen wären. Aber auch diese Episode beendet Havenith nun – auf eigenen Wunsch wie er betont. "Ich werde nochmal kurz zur Europäischen Kommission zurückkehren, um am nächsten Mehrjahresprogramm mitzuarbeiten. Und danach werde ich selbst eine Firma gründen."
Mehr Details will Havenith dazu aktuell nicht preisgeben – nur so viel: Es habe weder etwas mit Finanzen noch mit der Investitionsbank zu tun.
Boris Schmidt