Das Parlament der Deutschsprachigen Gemeinschaft hat am Tag vor Heiligabend ein Programmdekret verabschiedet, das die dringlichsten Sparmaßnahmen enthält. Über den Zeitpunkt und die Vorgehensweise wurde dabei fast ebenso gestritten wie über die Maßnahmen an sich.
Von wegen "Same procedure as every year " - Steffi Pauels (CSP) musste feststellen: "Die Zeiten, in denen wir uns auf altbewährte Verfahren verlassen konnten, sind vorbei."
Auch Freddy Cremer (ProDG) konnte nach langjähriger Zugehörigkeit zum PDG nur konstatieren: "Eine Plenarsitzung am 23. Dezember ist zumindest in der Deutschsprachigen Gemeinschaft ein Novum."
Während Evelyne Jadin (PFF) erklärend hinterschickte, die vorgelegten Artikel "müssen rechtzeitig zum 1. Januar 2025 in Kraft treten. Denn eine Verzögerung hätte schwerwiegende Konsequenzen."
Dringliches Gutachten des Staatsrates angefordert
Hintergrund ist laut Mehrheit der blaue Brief der EU, der Belgien und damit auch die DG zum Sparen anhalte. Den Sparhaushalt hat das Eupener Parlament schon vor zwölf Tagen verabschiedet.
Die Sparmaßnahmen, die das beinhaltet, sollten - wie üblich - durch ein Programmdekret quasi generalüberholt werden: variablen Teil der Jahresendprämie im öffentlichen Dienst und Unterrichtswesen aussetzen, Mietbehilfen und Jahreszuschlag beim Kindergeld streichen, Pflegegeld nicht indexieren ... Nur, dass die Opposition bei derart beschnittenen sozialen Rechten darauf pochte, den Staatsrat zu befragen, was dann auch dringlichkeitshalber geschah und zu einer Reihe von Abänderungsvorschlägen führte.
Diana Stiel (Vivant) nannte "die Arbeitsweise der Autoren dieses Dekretvorschlages, insbesondere was den Jahreszuschlag zu Schulbeginn betrifft, haarsträubend." Fabienne Colling (Ecolo) fügte bei diesem Punkt hinzu: "Da war für uns als Fraktion klar, dass hier viele Dinge einfach übers Knie gebrochen werden." Michael Balter (Vivant) ergänzte: "Effektiv: Die Vorgehensweise ist tatsächlich beschämend."
Auch Vorauszahlungen an die Gemeinden kritisiert
Und nicht nur, wo gespart werden soll, ging die Opposition mit der Mehrheit hart ins Gericht: Auch da, wo sie im laufenden Haushalt das Geld mit vollen Händen ausgibt, gab's Kritik, etwa von Kirsten Neycken-Bartholemy (SP), die daran erinnerte, "dass der Haushaltstrick mit der teilweisen Vorauszahlung der Gemeinde-, ÖSHZ- und Straßenbaudotation nicht nur teure Zinszahlungen verursacht, sondern aus haushaltstechnischer Sicht auf wackligen Füßen steht ..."
Fabienne Colling konnte für Ecolo auch "die 142 Millionen Vorauszahlungen über teure Anleihen nicht gutheißen, nur damit Sie sich ihren Haushalt 2025 schönrechnen können." Colling sprach von "Manövern, Schiebereien, Tricks, man kann es nennen, wie man will, aber es ist weder transparent noch fair."
Für die Mehrheit um Evelyne Jadin blieb es dabei: "Der vorliegende Dekret Vorschlag ist eine entscheidende Maßnahme, um die finanzielle Tragfähigkeit unserer Deutschsprachigen Gemeinschaft zu sichern ..."
Allerdings hatte Ministerpräsident Oliver Paasch bei den vorausgehenden Beratungen schon angekündigt, dass solche Programmdekrete künftig nur noch von der Regierung eingereicht würden und damit zwingend vorher vom Staatsrat begutachtet werden müssten: "Somit werden Peripetien und politisches Geplänkel, wie wir es in den letzten Wochen erlebt haben, für alle Zeiten ausgeschlossen", sagte Freddy Cremer. Und Michael Balter freute sich: "Endlich, kann man da nur sagen, endlich hört zumindest dieses Spielchen auf. Ein Punktsieg für die Opposition."
Stephan Pesch
Wenn der Staatsrat nun wichtige Entscheidungen trifft, wozu dann noch den ganzen Zirkus in Eupen.