Als PDG-Neuling und gleichzeitig bilanzerfahrene Geschäftsfrau musste Fabienne Colling bei ihrer ersten Haushaltsdebatte dann doch staunen: "Wahnsinn, womit eine Regierung alles durchkommt."
Die Ecolo-Abgeordnete zielte auf die 117 Millionen Euro ab, die in der zweiten Anpassung des laufenden Haushalts den neun Gemeinden praktisch in den Schoss fallen.
Colling pflückte die Argumentation der Regierung auseinander, wonach diese Vorauszahlungen den Gemeinden Planungssicherheit und Handlungsspielräume brächten - gelten ließ sie allein das Argument der Liquidität:
"Es stimmt, dass wenn sie den Gemeinden viel Geld aufs Konto überweisen, dann können die ihre Rechnungen bezahlen. Zumindest in den ersten Jahren. Ob das Geld im Laufe der nächsten sieben Jahre auch tatsächlich reicht, das steht auf einem anderen Blatt."
Ähnlich kritisch sah es Kirsten Neycken-Bartholemy von der SP-Fraktion: "Wir sollten dieses Vorgehen als das bezeichnen, was es ist: Ein trickreicher Versuch, im Haushalt 2024 die Ausgangsbasis für den auszuarbeitenden Haushaltspfad zu verschönern."
Paasch: Kein Trick, sondern Strategie
Denn: desto aufgeblähter dieser Haushalt ist, umso deutlicher lassen sich daran künftige Sparziele festmachen. Dem widersprach der Ministerpräsident Oliver Paasch nicht ausdrücklich, nur gab er dem Kind einen anderen Namen:
"Es handelt sich nicht um einen Trick. Das Vorauszahlen der Gemeindedotation, überhaupt das Vorauszahlen von Ausgaben ist integraler Bestandteil unserer finanzpolitischen Strategie. Das Vorauszahlen von Ausgaben, seien es laufende oder Infrastrukturausgaben, ist auch keinesfalls neu. Das haben wir nicht nach den Wahlen erfunden. Das haben wir zum Beispiel unter der Verantwortung meines damaligen Kollegen Antonios Antonadis für den Bereich der Seniorenpflege auch schon getan."
Colling: Transparenzverlust und Verschleierung
Aus Sicht von Fabienne Colling macht dieses Vorgehen die Analyse und Kontrolle des Haushalts aber nicht leichter: "Diese teuren Spielereien mit Vorauszahlungen an WPZS, an Gemeinden und an wer weiß, was noch kommt, zerstört die Vergleichbarkeit von einem Jahr zum nächsten. Es baut Störsignale ein in ein ohnehin komplexes Dokument, wodurch nicht mehr klar erkennbar ist, ob eine Gemeinde oder eine Einrichtung am Ende weniger bekommt als vorher oder nicht. Es ist ein Verlust an Transparenz und eine Verschleierung."
Auch für die Gemeinden und ÖSHZ müsse sich noch zeigen, ob dieses Vorgehen für sie auf Dauer von Vorteil ist, meinte Kirsten Neycken: "Sie können Geld zu einem schlechteren Zinssatz anlegen als den, den die Gemeinschaft bei der Aufnahme der Kredite zahlen muss. Sie müssen der Versuchung widerstehen, dieses Geld früher auszugeben, als dies vorgesehen ist."
Neycken: Unruhe und Missgunst
Die SP-Abgeordnete spürte auch aufgrund der geplanten Neuverteilung der Dotationen "Unruhe und Missgunst bei den Gemeinden": "Erstens wird es in absehbarer Zukunft nicht mehr, sondern weniger Geld zu verteilen geben. Was der eine mehr erhält, wird dem anderen abgezogen. Das gilt nicht nur für die Verteilung zwischen den Gemeinden, sondern auch für die Aufteilung zwischen Gemeinde und ÖSHZ-Dotation. Zweitens tragen die Parameter der aktuellen Kriterien bereits in erheblichem Maße mit wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Veränderungen wie Bevölkerungszahlen, Arbeitslosenzahlen und Sozialleistungen Rechnung."
Oliver Paasch wollte die Debatte mit einem, wie er sagte: "sehr ehrlich gemeinten Hinweis abschließen". Im schlimmsten Fall, wenn die Entwicklungsrate ungünstig ausfalle, könnten die neun Gemeinden nach dem neuen Modell pro Jahr etwa 900.000 Euro brutto verlieren, was auf sieben Jahre gerechnet 6,3 Millionen Euro Einsparung für die DG bedeute.
Aber, so Paasch, dafür beteilige sich die Gemeinschaft ja auch an Infrastrukturausgaben der Polizei- und Hilfeleistungszonen: "Also das, was wir auf der einen Seite einsparen, das geben wir in einer noch viel größeren Dimension auf der anderen Seite wieder zurück. Ich habe es mal so ausgedrückt: Wir können nicht ohneeinander, wir können erst recht nicht gegeneinander, wir können nur miteinander."
Bürgermeister gehören dem PDG inzwischen nicht mehr an. Die anderen Vertreter der Gemeinden beließen es dabei, die Regierung an ihre Pflicht zu erinnern zur Unterstützung und zum Dialog auf Augenhöhe.
Stephan Pesch
Glaube es wäre langsam die Zeit gekommen wo Politiker die immer gutes Honorar erhalten auch mal bei Fehlverhalten zur Kasse gebeten werden.