7:30 Uhr am Eupener Bahnhof. Immer mehr Menschen sammeln sich am Gleis. CSC-Funktionär Thomas Tychon verteilt Kappen, Leuchtwesten und Handschuhe. Natürlich in Grün, versteht sich. Der Zug steht bereit, die Spannung steigt und pünktlich um 8:10 Uhr fährt die CSC-Delegation ab. Ziel ist die Großkundgebung der Gewerkschaften in Brüssel.
"Heute trifft sich in Brüssel der nicht-kommerzielle Sektor, weil der ganz unbedingt mehr Finanzierung braucht, mehr Mittel, mehr Hände. Die Mitarbeiter verlassen den Sektor in großer Zahl, weil die Arbeit zu schwierig wird und der Druck steigt. Bart de Wevers Supernote verheißt für den nicht-kommerziellen Sektor dann auch nichts Gutes. Der nicht-kommerzielle Sektor ist davon abhängig, was die künftige Regierung entscheidet und welche Mittel uns da gegeben werden. Und da müssen wir ein Zeichen setzen", sagt Rebecca Peters von der CSC.
Vor allem der Pflegesektor ist in diesem Zusammenhang stark betroffen. "Das ist eine Katastrophe. Die Disponibilität der Arbeiter und die Pflegequalität leiden ungemein. Auf Dauer wird das alles immer schlimmer werden. Es ist ein Teufelskreis: Die Leute müssen immer mehr arbeiten, werden dadurch krank und so wird der Notstand immer größer", erklärt Andreas Schumacher, der das Eupener Krankenhaus vertritt.
"Wir haben zu wenig Personal, die Spitäler sind gnadenlos unterfinanziert. Wir verlangen, dass die Finanzierung gradliniger und transparenter wird, damit man auch mehr Personal einstellen kann und Menschen im Schulwesen dazu motivieren kann, das Studium der Krankenpflege oder ähnliche Studiengänge zu erlernen. Als wir die Corona-Krise hatten, hat man dem Personal applaudiert und jetzt passiert hier das absolute Gegenteil. Die Politik hat aus der kürzeren Geschichte absolut gar nichts gelernt."
Auch andere Berufsgruppen sind betroffen oder zeigen sich bei den Demonstrationen in Brüssel solidarisch. "In Ostbelgien sind 160 Menschen aus dem Pflegebereich an den Demonstrationen beteiligt. Es sind die beschützenden Werkstätten da, die zwar selbst Geld verdienen müssen, aber trotzdem dem nicht-kommerziellen Sektor angehören. Es sind Erzieher aus den Behindertenstätten hier. Ich habe eben gehört, dass rund 100 Lehrer in der DG heute streiken, ich glaube, so viele haben das noch nie getan. Es sind auch Mitarbeiter aus der öffentlichen Verwaltung, aus den Altenheimen und aus dem Krankenhaus hier. Das sind die Hauptsektoren, die von finanzieller Unterstützung und Subsidien der Regierung abhängen", sagt Rebecca Peters.
In der Deutschsprachigen Gemeinschaft sind vor einigen Tagen die ersten Sparmaßnahmen für den öffentlichen Dienst präsentiert worden. Auch am Donnerstag hat sich die Regierung weiter zu den Maßnahmen geäußert. Zwar kann die Demonstration am Donnerstag auch als Reaktion auf die Sparmaßnahmen der DG gewertet werden, in erster Linie geht es aber um ein starkes Zeichen für die künftige Föderalregierung.
"Die heutige Kundgebung ist eine erste Etappe in einem ganzen Aktionsplan. Es werden auch noch andere Aktionen stattfinden, auch, wenn die Föderalregierung gebildet ist" sagt Andreas Schumacher. "Der Auftakt heute soll die zukünftige Regierung darauf aufmerksam machen, dass wir nicht tatenlos auf das schauen werden, was da auf uns zukommt. Es sollen 27 Milliarden eingespart werden. Das Geld findet man nicht einfach so und die Namen des Gesundheitssektors und des öffentlichen Sektors sind in den Diskussionen schon öfters gefallen. Zum einen verteidigen wir das, was wir haben, aber wir wollen auch mehr haben. Die Dienste, die wir im nicht-kommerziellen Sektor anbieten, dürfen nicht vernachlässigt werden."
Zu den konkreten Forderungen an die kommende Föderalregierung zählen ein kompletter 13. Monat, die Erhöhung und Anpassung aller Gehälter und eine grundsätzliche Arbeitskürzung ohne Gehaltsverlust. Nicht zuletzt suche man händeringend nach zusätzlichem Personal.
Schon seit 2023 arbeite die CSC gezielt daran, in all diesen Bereichen neue Abkommen mit der Regierung zu schließen. Bisher ohne Erfolg. Jetzt müsse gehandelt werden, denn wie die Plakate der Demonstranten treffend titeln: "Die Zeit drängt - auch in Ostbelgien".
Lindsay Ahn