Die Gäste aus Brüssel hatten für die ostbelgischen Abgeordneten gleich eine "Primeur": Das PDG sei das erste Parlament in Belgien, in dem der jüngste Jahresbericht vorgestellt werde. Auch hier begleite Unia neben dem strukturellen Ansatz auch einzelne Personen, die sich in unterschiedlichster Weise diskriminiert fühlen, wusste Tina Hendriks vom interföderalen Zentrum für Chancengleichheit zu berichten.
Im Jahr 2023 gab es in der Deutschsprachigen Gemeinschaft 19 Meldungen. "Dazu muss man sagen: Diskriminierung ist ein Begriff, der gesellschaftlich viel benutzt wird und der in gewisser Weise zwei Definitionen hat - eine breitere gesellschaftliche Definition und eine Definition, wie sie im Gesetz steht. Das heißt, manchmal müssen wir Leuten auch sagen: 'Es tut uns leid, dass Sie sich unfair behandelt fühlen. Aber das ist eben im Sinne des Gesetzes keine Diskriminierung, bei der wir Ihnen helfen können.' Aber zumindest gibt es immer ein offenes Ohr und eine Einschätzung der Situation."
Ein halbes Dutzend von diesen 19 Meldungen ist dann von Unia auch weiter verfolgt worden - auch hier auf unterschiedliche Art und Weise. "Wenn es zum Beispiel um Diskriminierung am Arbeitsplatz geht, werden wir immer die Situation einschätzen und dann in Dialog treten mit dem Arbeitgeber, einen Brief verfassen, in dem die gesetzliche Lage erklärt wird und dann auf jeden Fall immer auf versöhnliche Weise versuchen, den Dialog zu suchen."
Der Jahresbericht von Unia nennt auch ausdrücklich die Befugnisse der DG im Wohnungswesen, die sie von der Wallonischen Region übernommen hat. In Sachen neuer Gesetzgebung war Unia um ein Gutachten gebeten worden und plädierte für Maßnahmen, "die das Recht auf Wohnen möglichst vollumfänglich schützen". Ganz generell begegnen Unia etwa bei der Vergabe von Wohnungen "sowohl rassistische Vorurteile als auch in Bezug auf Vermögensfragen, also das ist immer noch was, was man oft sieht: kein ÖSHZ und so weiter. Viele Leute wissen gar nicht, dass es sich dabei um eine Diskriminierung handelt, die laut Gesetz verboten ist. Auch in Bezug auf Religion, auf Zivilstand, Familienzusammenstellung oder auch immer noch auf sexuelle Orientierung hören wir auf jeden Fall regelmäßig von Diskriminierungen im Bereich Wohnen."
Erst vor ein paar Wochen hatte Unia für Belgien auch dringenden Nachholbedarf bescheinigt, was das Thema Inklusion angeht. Für die Deutschsprachige Gemeinschaft stellt Tina Hendriks fest, dass sich einiges tut. "Auf jeden Fall diese Campus-Logik und die Tatsache, dass gesagt wird, es soll keine Förderschule mehr alleine existieren, sondern es soll immer ein Raum geschaffen werden, wo Kinder mit und ohne Behinderung zusammen lernen. Das befürworten wir auf jeden Fall. Wir glauben aber trotzdem, dass es sehr wichtig ist, weiterhin auch kleine Dorfschulen zu unterstützen, damit auch diese kleineren Schulen inklusive Lernorte da sein können und das Recht auf freie Schulwahl der Eltern bestmöglich umgesetzt werden kann."
Trotz oder vielleicht auch wegen der überschaubaren Zahl von Meldungen in der Deutschsprachigen Gemeinschaft will Unia hier eine Kontaktstelle eröffnen. "Wir wollen stärker Präsenz zeigen, mit dem Ziel ein Büro in Ostbelgien zu eröffnen und eine Person zu haben, die hier für Unia arbeitet. Da ist eine Stelle ausgeschrieben, das heißt für interessierte Personen: Meldet euch, gerne auch informell bezüglich Fragen und ihr findet die Ausschreibung auf unia.be und auch in der GrenzEcho-Ausgabe von letztem Samstag."
Stephan Pesch