Es ist eine enorme Summe, die zwischen Februar und Juli diesen Jahres aus der Caritas hinaus entwendet und auf ein spanisches Konto überwiesen wurden. Es waren viele kleinere Überweisungen - immer etwas weniger als 500.000 Euro. Insgesamt 120 Überweisungen, fast 61 Millionen Euro. Die Überweisungen kamen aus der Finanzabteilung der Caritas. Die Finanzchefin hat sich letzte Woche den Behörden gestellt. Die Untersuchungen der Justiz müssen nun zeigen, inwieweit die Finanzchefin selbst betrogen hat - oder ob sie Opfer eines internationalen Betruges geworden ist, wie sie selbst behauptet.
Beim öffentlich-rechtlichen Radiosender 100,7 in Luxemburg verfolgt Chefredakteur Jean-Claude Franck den Fall. "Wir haben heute noch gemeldet, dass die Caritas intern wusste, dass es im Finanzdepartement Probleme gab. Es sollte reformiert werden", erklärt er. "Es gab einen externen Bericht im Februar und März diesen Jahres, der gezeigt hatte, dass da Schwachstellen sind und die sollten behoben werden. Da sollte eine Reform kommen, Prozeduren hätten geklärt werden müssen und das Departement hätte neu aufgestellt werden müssen. Und genau in diesem Zeitraum sind aus diesem Finanzdepartement heraus diese Überweisungen getätigt worden, bevor eine Reform in Kraft treten konnte."
Die Caritas ist eine katholische Einrichtung. Aber das Erzbistum hüllt sich bislang in Schweigen. Ganz anders die luxemburgische Regierung. In einer ersten Reaktion hatte Premierminister Luc Frieden noch Hilfe angekündigt, um nicht die Schwächsten in der Gesellschaft zu bestrafen. Mittlerweile fährt er einen harten Kurs: Keinen Euro bekäme die Caritas vom luxemburgischen Staat.
"Angeblich wollte die Regierung Druck auf den Aufsichtsrat der Caritas ausüben, weil da einige wohl gedacht haben: Ach, der Staat wird das schon irgendwie richten und er wird uns helfen", erklärt Jean-Claude Franck. "Man wollte bei der Regierung nicht, dass das Gefühl aufkommt, dass hier einfach mit staatlichen Geldern 60 Millionen korrigiert werden müssen. Deshalb wollte man zuerst auch die Caritas selbst in die Pflicht nehmen. Deshalb angeblich dieser harte Ton der Regierung. Es laufen aber immer noch Gespräche und die Regierung wird meiner Meinung nach schon am Ende auch noch aushelfen."
Zurzeit scheinen die Dienstleistungen der Caritas in Luxemburg weiterhin zu laufen. Weniger Einblick haben die luxemburgischen Kollegen in die Auslandsaktivitäten der Caritas. "Wir wissen, dass auch die Caritas selbst dabei ist, ziemlich aktiv nach einer neuen Struktur und einer neuen Governance zu suchen. Da werden Entscheidungen die nächsten Tage erwartet oder in den nächsten Wochen. Und dann muss sich erst zeigen, wie das dann alles weitergehen wird."
Während die Justiz nun dem Geldfluss folgt und international Auskunftsanfragen gestellt hat, geht man im Großherzogtum davon aus, dass das Geld nicht zurück kommt. Auf die Spendenbereitschaft wird die Affäre sicher Auswirkungen haben. Die Caritas ist eine der größten NGOs in Luxemburg und war angesehen. Es wird lange dauern, bis das Vertrauen wieder aufgebaut werden kann. Die anderen NGOs, so Franck, seien jedenfalls sehr darum bemüht zu sagen, dass ein solcher Betrug bei ihnen nicht möglich wäre.
Gudrun Hunold