Zufall oder nicht: Die Vertreter des ostbelgischen Bauernbundes sind jedenfalls wieder mal unter denjenigen, die besonders zeitig zur offiziellen Eröffnung der Landwirtschaftsmesse in Libramont gekommen sind. Anders als für viele der anderen Besucher an diesem Wochenende geht es für sie auch nicht ums Vergnügen.
"Wir wollen unser Netzwerk noch ausbauen, Leute treffen", erklärt Geschäftsführerin Ingrid Mertes. "Im Endeffekt komme ich nicht nach Libramont, um eine neue Maschine zu entdecken, sondern mit Menschen zu sprechen. Das ist extrem wichtig als Verband, dass man gut vernetzt ist, dass man auch Unterstützer hat für seine Belange. Dass die Leute mit einer gewissen Sympathie und Emotionen an jemanden denken und sagen: 'Ach, was die will, das hat sicher Hand und Fuß, das können wir mit unterstützen'."
Besonders gespannt sind die ostbelgischen Interessenvertreter auf die neue wallonische Landwirtschaftsministerin, für die Libramont der erste große Auftritt ist. "Wir sind sehr gespannt. Und wir sind eigentlich zuversichtlich für die Zukunft, dass es gut mit ihr funktionieren wird", sagt Bauernbund-Präsident Roger Croé. "Ja, und dann gibt es hier auch Innovationen, mit denen die Praktiken in der Landwirtschaft verbessert werden. Ich denke, das ist der richtige Ort, um das kennenzulernen."
Für die neue liberale Landwirtschaftsministerin Anne-Catherine Dalcq, die von fast allen Kollegen aus der neuen Regionalregierung begleitet wurde, war es zwar eine Premiere in ihrer neuen Funktion, aber bei weitem nicht ihre erste Teilnahme an der Messe in Libramont. Von klein auf ist sie mit ihren Eltern da gewesen und freut sich darum, gerade hier ihr Mandat so richtig zu starten.
Mit 32 Jahren ist die neue Ministerin noch recht jung. Auch in Libramont weicht ihr die frühere föderale Landwirtschaftsministerin Sabine Laruelle (MR) praktisch nicht von der Seite. Anne-Catherine Dalcq war bis vor kurzem selbst im Verband der wallonischen Junglandwirte aktiv und hilft nach eigenen Worten auch nach ihrem Senkrechtstart in der Politik weiter auf dem elterlichen Hof aus. Sie weiß um die hohen Erwartungen, die von den Landwirten an eine der ihren geknüpft sind.
Der Antrittsbesuch als Ministerin in Libramont wird für Anne-Catherine Dalcq zu einem Eröffnungsmarathon: von einem Interessenverband zum nächsten. An ihrem Stand fordert die Bauerngewerkschaft Fugea auf einem großen Banner "Resultate statt Blabla" beim Thema faire Preise. Hier begegnet der neuen Ministerin auch Erwin Schöpges als Präsident der Genossenschaft Faircoop: "Erst einmal herzlichen Glückwunsch. Sie ist 32 Jahre alt, kommt aus der Jungbauernvereinigung. Wir müssen ihr jetzt mal die Chance geben und in einem Jahr können wir ein bisschen beurteilen, was sie macht. Auf jeden Fall hat sie ihren Eid auch in deutscher Sprache geleistet, d.h. sie kennt die Deutschsprachigen, sie kennt die Milchbauern, hat selber einen Milchviehbetrieb, sie kennt unsere Genossenschaft. Und jetzt schauen wir mal, was sie in Zukunft bewirken kann."
Ein Label wie Fairebel muss bei der Landwirtschaftsmesse in Libramont jedenfalls vertreten sein. "Für uns ist es wichtiger, die Konsumenten hier zu treffen als andere Milchbauern oder die Bauern im Allgemeinen", so Schöpges. "Das ist für uns genau der richtige Ort, an dem wir die Konsumenten davon überzeugen können, fair gehandelte Produkte, sei es Milch, Käse, Äpfel, Birnen, Apfelsaft oder auch Fleischprodukte zu kaufen."
Trotz oder vielleicht gerade wegen des wechselhaften Wetters war das Publikum auch am Eröffnungstag schon in großer Zahl da. "Ich bin selbst erstaunt", sagt Schöpges. "Für einen Freitag sind heute enorm viele Bauern hier, wohl auch weil es heute Morgen noch geregnet hat, und auch sehr viele Konsumenten. Es scheint eine sehr große und erfolgreiche Messe zu werden in diesem Jahr."
Die Landwirtschaftsmesse in Libramont geht bis Montag einschließlich. Am Dienstag und Mittwoch stehen dann noch zwei Forstwirtschaftstage im Wald bei Bertrix auf dem Programm.
Stephan Pesch