"Man braucht viel Zeit und muss einige Opfer bringen", so fasst Serge Noël das Dasein als Streckenposten zusammen. In den letzten drei Jahren hat die Rennstrecke durch seine Schulungen 30 neue Freiwillige hinzugewonnen.
Die Streckenposten behalten die Rennstrecke im Auge, alles, was auf der Strecke passiert. "Um die Zuschauer brauchen wir uns nicht zu kümmern", erklärt Serge. "Wenn etwas passiert, geben wir sofort so viele Informationen wie möglich an die Rennleitung durch. Wir schwenken die passende Fahne und aktivieren die elektronische Anzeige, um die nachfolgenden Autos zu warnen. Und im Falle des Falles müssen wir eingreifen."
Wie andere Hobbys kann auch das Hobby "Streckenposten" eine echte Bereicherung sein, betont Serge. "Einige mögen Fußball, die anderen die Tour de France. Aber auch für uns Streckenposten gilt: Wir ziehen etwas daraus für unser Leben, sonst würden wir nicht immer wiederkommen."
Mit einem ersten Kennenlernen fängt alles an. Wir angehenden Streckenposten treffen uns mit Serge für eine kurze Einweisung. Um ein bisschen Theorie kommt kein Praktikant herum. Dann geht es ins Rennkontroll-Zentrum, das Gehirn der Rennstrecke. Auf den Bildschirmen ist ein langsames Auto zu sehen, was sofort per Funk weitergegeben wird. Ein langsames Fahrzeug – das bedeutet die weiße Flagge.
Es geht auch kurz an die Strecke, um einen ersten Einblick zu bekommen. Hier erfahre ich auch, weshalb die Streckenposten orange Warnwesten tragen - bloß nichts Gelbes, um nicht aus Versehen mit einer gelben Flagge verwechselt zu werden. Auch Handschuhe und Schutzbrille sind wichtig.
Wichtig sind auch zwei Eigenschaften. Die erste ist Geduld, auch in der Zusammenarbeit mit den Kollegen. "Wir sind alle unterschiedlich", sagt Serge. "Aber in orange, als Streckenposten, sind wir alle gleich und machen alle denselben Job."
"Zweite wichtige Eigenschaft ist, körperlich fit zu sein. Die Streckenposten müssen stundenlang ausharren und dabei konzentriert bleiben, das kann schonmal zwölf Stunden oder länger gehen - und das bei Wind und Wetter. In Francorchamps will das etwas heißen."
Bei meinem ersten echten Einsatz spielt das Wetter mit, aber meine Nerven nicht. Ich bin leicht überfordert. Es ist nicht so einfach, wie es aussieht. Ich werde wohl noch ein paar Übungstage brauchen.
Die Rennstrecke in Francorchamps ist sieben Kilometer lang, länger als viele andere Strecken. Das bedeutet auch, dass mehr Streckenposten nötig sind. 32 Posten sind zu besetzen, jeweils mit mehreren Leuten und in mehreren Schichten. Mindestens 200 Leute sind für ein Renn-Wochenende nötig. Für das 24-Stunden-Rennen steigt die Zahl auf mehr als 600.
Streckenposten aus aller Herren Länder sind da mehr als willkommen. Sogar Mexikaner haben schon in Francorchamps die Flaggen geschwenkt und viele andere Nationalitäten. "Engländer, Deutsche, Ungarn, Tschechen, Italiener, Spanier, natürlich Flamen und Holländer", zählt Serge auf.
"Sogar aus Mexiko sind schon Streckenposten hergekommen. Die bringen große Opfer, um hier zu sein. Die große Streckenposten-Familie ist eine echte Multi-Kulti-Truppe. Und auch das gehört zu den interessanten Seiten."
Katrin Margraff